Abzocke durch „professionelles Parkraummanagement“?
McDonald‘s trennt sich von rigorosen Parkplatzwächtern

Irschenberg — „Smarte Sensorentechnologie“ soll die klassische Parkscheibe überflüssig werden lassen und „die Ob­jek­ti­vie­rung der Park­raum­be­treuung“ stei­gern: Beim „Park­raum­ma­na­ge­ment 2.0“ re­gis­triert ein in den Bo­den ein­ge­las­se­ner, ge­wölb­ter Sensor das Ab­stel­len ei­nes Fahr­zeugs, misst mi­nu­ten­ge­nau die Park­dauer und sig­na­li­siert, wann und ob die Höchst­park­dauer über­schrit­ten ist. Da­durch sol­len ei­ner­seits Falsch­par­ker den Grund für ei­nen „Ver­merk“ nach­voll­zie­hen kön­nen, an­de­rer­seits Be­trei­ber die Park­flä­chen­aus­las­tung aus­wer­ten und die Wer­be­plat­zie­rung „op­ti­mie­ren“ kön­nen, so die Wer­be­ver­spre­chen der Stutt­gar­ter „Park & Control PAC GmbH“. Doch wie ein „Worst Case“ aus Irschenberg im ober­baye­ri­schen Land­kreis Miesbach ver­an­schau­licht, führt neue Tech­nik al­lein nicht zur „Kun­den­bin­dung und Er­trags­op­ti­mie­rung“: Auf ei­nem Park­platz bei McDonald’s ver­schreck­te die ri­go­ro­se Um­set­zung der Park­kon­trol­le Gäs­te. Der Vor­wurf der Ab­zo­cke stand zu­dem im Raum. Re­stau­rant-Be­trei­ber Michael E. Heinritzi han­del­te: Der Fir­ma wur­de ge­kün­digt, die Sen­so­ren wer­den ent­fernt, die Park­kon­trol­le über­nimmt wie­der McDonald’s. Das Res­tau­rant selbst wird 2020 mit Mil­lio­nen­auf­wand ins Di­gi­tal­zeit­al­ter überführt.

Wegweiser

„Lieblings-Baby“ McDonald’s am Irschenberg

Jährlich besuchen rund 1,5 Millionen Gäste McDonald’s am Irschenberg. Lobby, McCafé und Drive sind die gan­ze Wo­che über rund um die Uhr ge­öff­net. Das „Lieb­lings-Baby“ von Eu­ro­pas größ­tem McDonald’s-Fran­chise- und Joint Ven­ture-Part­ner, dem Kitz­büh­ler Michael E. Heinritzi, ist mit Be­dacht aus­ge­stat­tet: Das Schnell­res­tau­rant an der A 8 zwi­schen München und Salzburg wirbt auf sei­ner Web­site mit sei­ner Gast­flä­che von 434 Qua­drat­me­tern im In­nen­raum und 567 Qua­drat­me­tern im Au­ßen­be­reich so­wie 270 Sitz­plät­zen in­nen plus 335 Sitz­plät­zen drau­ßen. De­signt sei es mit war­men Ma­te­ria­lien wie al­ter Ei­che, bie­te be­que­me Ches­ter­field-So­fas, ei­nen of­fe­nen Ka­min, „lau­schi­ge Sitz­ecken ver­bun­den mit in­teres­san­ter Kunst und be­son­de­ren ar­chi­tek­to­ni­schen Ge­stal­tungs­ele­men­ten“: Al­les sor­ge „für sehr viel Wohl­fühl­at­mo­sphä­re“. Den­noch gab es Un­mut. Im Mit­tel­punkt: die rund ein­hun­dert Kun­den­park­plä­tze und die Park­kon­trol­le. In der Kri­tik: die teils man­gel­haf­te Kenn­zeich­nung der Park­plät­ze und das Ge­ba­ren der Park­platz­wäch­ter. Für den Un­ter­halt zu­stän­dig: die Park & Control PAC GmbH.

Auf Facebook postete noch vor Kurzem eine verärgerte Kundin eine läng­li­che, mit Fo­tos akri­bisch be­bil­der­te War­nung da­vor, Au­tos auf dem mit smar­ten Sen­so­ren be­stück­ten Park­platz bei McDonald’s Irschenberg ab­zu­stel­len. Die War­nung führte schnell zu ei­ner lan­gen Rei­he von zu­stim­men­den und kri­ti­schen Kom­men­ta­ren. Haupt­pro­ble­me: Die Bo­den­sen­so­ren seien ne­ben den Bo­den­plat­ten schwer er­kenn­bar und wür­den eher als Park­be­gren­zun­gen wahr­ge­nom­men, zwi­schen de­nen Au­to­fah­rer fahr­schul­ge­mäß ein­zu­par­ken ha­ben. Wer je­doch zwi­schen und nicht über den Sen­so­ren park­te, galt für die Park­platz­wäch­ter als Falsch­par­ker, wel­cher dann we­gen Ver­trags­ver­let­zung ei­ne Geld­stra­fe zah­len muss­te. Ver­ba­le Hin­wei­se: Fehl­an­zei­ge. Die Kun­din fand des­halb nach ih­rem Res­tau­rant­be­such mit 4-jäh­ri­gem Kind ei­nen pri­va­ten Straf­zet­tel an ih­rer Wind­schutz­schei­be vor – mit be­sag­ter Ver­trags­stra­fe in Hö­he von 10 Euro.

Solche Forderungen entstehen üblicherweise beim Fehlen einer Parkscheibe, beim Über­schrei­ten der Park­zeit oder eben beim Nicht­be­ach­ten von Mar­kie­run­gen. Die Kun­din war sich in­des kei­ner Schuld be­wusst und be­män­gelt auf Face­book, der Park­platz­wäch­ter mit Warn­wes­te ha­be sie beim Ein­par­ken nicht auf den Ver­stoß auf­merk­sam ge­macht, wohl aber kurz nach ih­rer An­kunft den Straf­zet­tel an ih­rem Schei­ben­wi­scher an­ge­bracht. Vor ih­rer Ab­fahrt ha­be sie noch drei an­de­re Au­to­fah­rer ge­warnt, die ob je­nes Ge­ba­rens sauer ge­we­sen wä­ren und es „Ab­zo­cke“ nann­ten. Ab­ge­se­hen da­von, dass sich die Kun­din mit Ver­weis auf an­de­re On­line-Be­wer­tun­gen zu­dem da­rü­ber echauf­fiert, dass die Be­nut­zung der Toi­let­ten bei McDonald’s Irschenberg kos­ten­pflich­tig ist – die An­la­ge wird noch von Sanifair be­trie­ben – woll­te sie an­de­re Kun­den über Face­book vor „bö­sen Über­ra­schun­gen“ beim Par­ken war­nen. Die Ver­trags­stra­fe ha­be sie in­zwi­schen be­gli­chen. Da­mit ent­ging sie wo­mög­lich ei­nem Fol­ge­streit mit ei­nem In­kas­so­un­ter­neh­men oder ei­ner In­kas­so-Rechts­an­walts­kanz­lei.

Rigorose Parkplatzkontrolle verschreckte Kunden

Fakt ist: Parkraum, der zu einer Immobilie gehört, ist Privatgrund, kein öf­fent­li­ches Stra­ßen­land. Der Ei­gen­tü­mer kann in­ner­halb des ge­setz­li­chen Rah­mens grund­sätz­lich frei über die Nut­zung ent­schei­den, bei­spiels­wei­se den Park­raum kos­ten­frei zur Ver­fü­gung stel­len, Park­ge­büh­ren ver­lan­gen, Schran­ken auf­stel­len oder den Platz an ein Über­wa­chungs­un­ter­neh­men ver­pach­ten. Die­ses kann ab dem Mo­ment der Pacht­über­nah­me den Raum sei­ner­seits zur ei­ge­nen Ge­winn­er­zie­lung nut­zen, da­für Re­geln auf­stel­len und Re­gel­ver­stö­ße un­ter Be­ach­tung recht­li­cher Grund­sät­ze mit Buß­geld be­le­gen. Wird kein Pacht­ver­trag ge­schlos­sen, son­dern le­dig­lich ei­ne kos­ten­lo­se Ver­ein­ba­rung ge­trof­fen, mag der Päch­ter ver­lei­tet sein, noch schnel­ler und ri­go­ros ge­gen Re­gel­ver­stö­ße vor­zu­ge­hen.

In der Regel gehen Kunden aber davon aus, dass Kundenparkplätze kostenfrei sind und kei­ne ge­son­der­ten Nut­zungs­be­din­gun­gen an­zu­er­ken­nen sind. Aus­nah­men von der Re­gel müs­sen des­we­gen klar aus­ge­wie­sen wer­den. Gel­ten nun be­son­de­re Nut­zungs­be­din­gun­gen, so müs­sen die­se für den fah­ren­den Kun­den so­fort und zwei­fels­frei bei der Ein­fahrt auf den Park­platz er­kenn­bar sein. Ist dies nicht ge­ge­ben, ist zwei­fel­haft, ob es durch das Par­ken des Kun­den über­haupt zu ei­nem „fak­ti­schen Ver­trag“ zwi­schen ihm und der pri­va­ten Park­platz­kon­trol­le ge­kom­men ist. Bei be­sag­tem Fall no­tiert die Kun­din, dass der Park­platz­wäch­ter auf ih­re Nach­fra­ge, wa­rum er sie zu­vor nicht auf den Re­gel­ver­stoß auf­merk­sam ge­macht ha­be, ge­ant­wor­tet ha­be, da­für wer­de er nicht be­zahlt. So las­sen die „Sen­sor­ge­schich­ten“ und das Vor­ge­hen des Park­platz­wäch­ters die Kun­din be­to­nen: „Passt auf, sonst zahlt Ihr! Seid vor­sich­tig mit sol­chen ‚Kenn­zeich­nun­gen’ und schaut ge­nau, wo und wie Ihr parkt.“

Heinritzi: „Strafzettel wurden annulliert“

Erhebliche Probleme mit Dauerparkern waren Heinritzi zufolge der Grund für die Ein­füh­rung ei­ner Park­kon­trol­le. Die­se sei wich­tig, um den Res­tau­rant­be­su­chern ins­be­son­de­re zu Stoß­zei­ten Park­plät­ze bie­ten zu kön­nen. Doch McDonald’s Part­ner, die Park & Control PAC GmbH, ha­be „lei­der nicht funk­tio­niert“. Bei Kennt­nis­nah­me von Straf­zet­teln wä­ren die­se an­nul­liert wor­den. Wer noch ei­nen Straf­zet­tel ha­be, kön­ne sich an die Heinritzi Betriebs GmbH wen­den. Der PAC sei in­zwi­schen ge­kün­digt wor­den. Die smar­te Sen­so­ren­tech­no­lo­gie wer­de ent­fernt. Die Wert-Bons von Sanifair könn­ten im Res­tau­rant ein­ge­löst wer­den. Er­fol­ge dies nach dem Es­sen, er­hiel­ten die Kun­den Bar­geld.

Im Frühjahr 2020 wird McDonald’s Irschenberg überdies für meh­re­re Mil­lio­nen Eu­ro um- und aus­ge­baut. Da­bei wer­den auch die Sa­ni­tär­an­la­gen um­ge­stal­tet und dann wie­der von McDonald’s be­trie­ben. Die Di­gi­ta­li­sie­rung wird „in ei­nem der wich­tigs­ten Res­tau­rants in Deutsch­land“ den­noch Raum grei­fen: Heinritzi kün­digt die ⭲ Be­stell­mög­lich­keit per Smart­phone an, Kre­dit­kar­ten­zah­lung, Tisch­ser­vice und „ei­nen ruhi­gen Res­tau­rant­be­trieb“. Mehr In­for­ma­tion zur Heinritzi Betriebs GmbH ist online ab­ruf­bar un­ter www.mcdonalds-heinritzi.de. 


Erstveröffentlichung

Print: Inn-Salz­ach blick, 10. Jg., Nr. 43/2019, Sams­tag, 26. Ok­to­ber 2019, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ (Kurz­fas­sung) [191/3/1/10].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Mitt­woch, 23. Ok­to­ber 2019; ⭱ E-Paper Inn-Salz­ach blick, Sams­tag, 26. Ok­to­ber 2019. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker