Corona-Krise: Gedruckte kostenlose Wochenzeitungen begehrt
Schaeffer: „Unverzichtbare Informationsquelle im Lokalen“

Rosenheim / Mühldorf a.Inn — Lockdown, Social Distancing, Tracing-App, Home­schooling, Video­con­fe­ren­cing, Mobile Payment: Die Corona-Krise hat neue An­gli­zis­men in die Deut­sche Spra­che ein­ge­bracht. Sie sig­na­li­sie­ren zu­gleich ei­ne teils er­zwun­ge­ne di­gi­ta­le Trans­for­ma­tion in Wirt­schaft, Bil­dung, Ar­beit und Frei­zeit. Hier­bei soll auch Papier als Trä­ger­medium von In­for­ma­tion aus­ge­dient ha­ben: Er­werbs­tä­ti­ge ar­bei­ten nun ver­stärkt online im Home­office, Ge­mein­de­rä­te kom­mu­ni­zie­ren per Tablet, Ein­zel­händ­ler nut­zen Call & Collect oder Click & Collect mit E-Commerce-Ver­fah­ren, Buch­händ­ler be­ach­ten E-Book-Ver­käu­fe und Zei­tungs­ver­leger för­dern E-Paper. Ge­druck­te Zei­tun­gen und An­zei­gen­blät­ter mö­gen aus der Zeit ge­fal­len und we­gen des Pa­pier­ver­brauchs ge­gen­über elek­tro­ni­schen Medien res­sour­cen­ver­schwen­dend sein. Den­noch sind Print und Pro­spekt be­gehrt, Wer­be­wirt­schaft und Ver­brau­cher set­zen auf sie. Und Di­gi­tal­ge­rä­te hin­ter­las­sen eben­falls ei­nen öko­lo­gi­schen Fußabdruck.

Wegweiser

Werbliche Kommunikation

Das Herunterfahren des öffentlichen Lebens, der Kultur, der Gastronomie, des Han­dels und der Wirt­schaft mit ⭲ Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen, ver­schärf­ten Kon­takt- und Be­we­gungs­be­schrän­kun­gen, Ver­samm­lungs­ver­bo­ten, reg­le­men­tier­ten Aus­flü­gen, aus­ge­dehn­ten all­ge­mei­nen Aus­gangs­sper­ren, Dis­tanz­un­ter­richt, Be­triebs­ver­bo­ten und ⭲ Homeoffice-Pflicht führt zu viel­fäl­ti­gen ⭲ „Kol­la­te­ral­schä­den“. Der Han­dels­ver­band Bayern e. V. (HBE) et­wa be­greift die Ver­län­ge­rung des ⭲ „har­ten Lock­downs“ bis zum 7. März 2021 als fak­ti­sches Be­rufs­ver­bot für gro­ße Tei­le des Ein­zel­han­dels. Sie sei recht­lich we­der ver­hält­nis­mä­ßig noch an­ge­mes­sen, denn ⭲ der Ein­zel­han­del sei kein In­fek­tions­trei­ber. Des­halb will der HBE die Re­ge­lun­gen ge­richt­lich über­prü­fen las­sen. Doch ver­wais­te In­nen­städ­te ver­an­schau­li­chen auch, wie wich­tig Kun­den­bin­dung in der Re­gio­nal­wirt­schaft ist – und dass ge­ra­de die re­gio­na­len kos­ten­lo­sen Wo­chen­zei­tun­gen weit­rei­chen­de werb­li­che Kom­mu­ni­ka­tions­mög­lich­kei­ten er­öff­nen: An­zei­gen­blät­ter sind kom­pe­tent, bie­ten ei­ne Orien­tie­rungs­hil­fe für Kauf­ent­schei­dun­gen, Lebens- und Frei­zeit­ge­stal­tung, för­dern Ein­zel­han­del und Kultur, stär­ken das Brut­to­in­lands­pro­dukt und be­ein­flus­sen den Arbeitsmarkt.

Bedeutung kostenloser Wochenzeitungen

In der Corona-Krise wurde sogar konkretisiert: Die kostenlosen Wo­chen­zei­tun­gen sind Teil der Medien und ge­hö­ren laut „KRITIS-Stra­te­gie“ des Bun­des zur so­ge­nann­ten kri­ti­schen In­fra­struk­tur. Kri­ti­sche In­fra­struk­tu­ren sind Or­ga­ni­sa­tio­nen oder Ein­rich­tun­gen mit wich­ti­ger Be­deu­tung für das staat­li­che Ge­mein­we­sen. Bei de­ren Aus­fall oder Be­ein­träch­ti­gung wür­den nach­hal­tig wir­ken­de Ver­sor­gungs­eng­päs­se, er­heb­li­che Stö­run­gen der öf­fent­li­chen Si­cher­heit oder an­de­re dra­ma­ti­sche Fol­gen ein­tre­ten. Wäh­rend der Lock­downs in­for­mie­ren die kos­ten­lo­sen Wo­chen­zei­tun­gen wei­ter in Print und Online über das Ge­sche­hen so­wie die re­gio­na­le Le­bens- und Kon­sum­welt. Han­dels­un­ter­neh­men und Ge­wer­be­trei­ben­de wür­di­gen die­ses En­ga­ge­ment ne­ben ih­ren di­gi­ta­len Ser­vi­ces wie Click & Collect für Selbst­ab­ho­ler mit An­zei­gen­schal­tun­gen – und Pro­spek­te sind mit­un­ter der ein­zi­ge Weg und Kon­takt­punkt zum Kun­den. Denn ob mobil oder im­mobil: Wohn­ort und Re­gion blei­ben die we­sent­li­chen Be­zugs­ebe­nen im täg­li­chen Le­ben. Prog­no­sen zu­fol­ge auch künftig.

Eine Leserakzeptanzstudie des Instituts für Demoskopie (IfD) Allensbach im Auf­trag des Bun­des­ver­ban­des Deut­scher An­zei­gen­blät­ter e. V. (BVDA) be­legt den Wert der kos­ten­lo­sen Wo­chen­zei­tun­gen. Be­son­ders ge­schätzt wer­den da­nach re­dak­tio­nell: Be­richt­er­stat­tung über re­gio­na­le Ver­an­stal­tun­gen (68 Pro­zent), Ser­vice­in­for­ma­tion (58 Pro­zent), ehren­amt­li­ches En­ga­ge­ment (45 Pro­zent) so­wie das Ge­sche­hen vor Ort (44 Pro­zent). Fast 70 Pro­zent der über 16-Jäh­ri­gen le­sen sie min­des­tens ein­mal im Mo­nat, je­der Zwei­te je­de Wo­che. „Es bleibt da­bei: Das ge­druck­te An­zei­gen­blatt ist ei­ne un­ver­zicht­ba­re In­for­ma­tions­quel­le im Lo­ka­len“, fol­gert Sebastian Schaeffer, Ge­schäfts­füh­rer und Lei­ter Markt- und Media­ser­vice beim BVDA. Ei­ne wei­te­re Stu­die des IFH Köln (In­sti­tut für Han­dels­for­schung) und der MEDIA Cen­tral – Ge­sell­schaft für Han­dels­kom­mu­ni­ka­tion & Mar­ke­ting mbH be­legt oben­drein: 87 Pro­zent der Be­frag­ten nut­zen so­wohl ge­druck­te als auch di­gi­ta­le Pro­spek­te. Un­ter der Voraus­set­zung der ge­ne­rel­len Nut­zung von Pro­spek­ten, ist der Pro­spekt re­le­vant so­wohl für die Kauf­ent­schei­dung, die Kun­den­bin­dung und die Be­dürf­nis­er­fül­lung, als auch für die Imagevermittlung.

Print weiterhin bevorzugt

Dem als ⭱ „Krise der Printmedien“ in den 2000‍er-Jah­ren be­schrie­be­nen Phä­no­men fal­len­der Auf­la­gen­hö­hen, schrump­fen­der Le­ser­reich­wei­ten und sin­ken­der An­zei­gen­auf­kom­men war mit kos­me­ti­schen Kor­rek­tu­ren nicht bei­zu­kom­men. Die Fu­sion der tra­di­tio­nel­len mas­sen­me­dia­len In­fra­struk­tur mit dem Internet war un­um­gäng­lich. Da­bei wur­den und wer­den vor dem Hin­ter­grund ei­ner zu­neh­men­den Öko­no­mi­sie­rung in der Medien­bran­che her­kömm­li­che Work­flows, Kom­mu­ni­ka­tions-, Par­ti­zi­pa­tions- und Aus­drucks­for­men neu de­fi­niert. Das be­för­dert ei­ne mehr­media­le, mas­sen­kom­pa­tib­le Pro­dukt­aus­rich­tung und reicht bis zur pub­li­zis­ti­schen Hybrid­stra­te­gie oder so­gar mög­li­chen Ab­lö­sung von Druck­er­zeug­nis­sen durch di­gi­ta­le Vertriebsformate.

Die Zukunft des Journalismus ist digital. Aber Printmedien werden noch viel länger auch wirtschaftlich attraktiv sein, als viele glauben. Microsoft-Gründer Bill Gates hatte für das Jahr 2000 das Ende der gedruckten Zeitung vorhergesagt.
Für uns ist das Ende von gedruckten Ausgaben kein Thema.
Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE,
Präsident des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger e. V. (BDZV), 22. Ju­li 2021

Trotz ⭲ Corona-Krise und ⭲ zu­neh­men­der Di­gi­ta­li­sie­rung zeigt die Al­lens­ba­cher Markt- und Wer­be­trä­ger­ana­lyse (AWA) 2020 je­doch die an­hal­tend ho­he Wert­schät­zung für ge­druck­te Medien. So sind rund acht von zehn Be­frag­ten um­fas­send oder se­lek­tiv „print­affin“. Trotz Reich­wei­ten-Ver­lus­ten er­rei­chen die kos­ten­lo­sen Wo­chen­zei­tun­gen mit ei­ner Aus­gabe im­mer noch rund die Hälf­te der deutsch­spra­chi­gen Be­völ­ke­rung ab 14 Jah­ren. Da­bei liest fast je­der zwei­te Nut­zer min­des­tens drei Vier­tel der Aus­gabe, 47 Pro­zent zäh­len zu den so­ge­nann­ten „Heavy Readern“ (Nut­zung oft und in­ten­siv), 52 Pro­zent wer­den als „Scanner“ ein­ge­stuft (oft aber se­lek­tiv). Über­dies liest die Mehr­zahl der re­gel­mä­ßi­gen Nut­zer (67 Pro­zent) län­ge­re Tex­te lie­ber auf Papier – le­dig­lich vier Pro­zent be­vor­zu­gen die Lek­tü­re auf ei­nem Display.

Zeitungsdruckpapier und Nachhaltigkeit

Hierbei sind kostenlose Wochenzeitungen laut BVDA auch nachhaltig. Sie be­ste­hen im Durch­schnitt aus 84 Pro­zent Alt­pa­pier, ein Drit­tel so­gar zu 100 Pro­zent aus Alt­pa­pier. Ge­gen­über Frisch­fa­ser­pa­pier wer­den bei der Her­stel­lung von Recycling­pa­pier bis zu 60 Pro­zent Ener­gie, bis zu 70 Pro­zent Was­ser so­wie CO₂-Emis­sio­nen und Ab­fall ein­ge­spart. Wer­den Frisch­fa­sern bei­ge­mischt, sind die­se über­wie­gend Sä­ge­werks­ab­fäl­le oder Durchforstungsholz.

Nach Angaben des Verbandes Deutscher Papierfabriken e. V. (VDP) stam­men die in Deutsch­land für die Pa­pier­her­stel­lung ge­nutz­ten Holz­fa­sern durch­weg aus nach­hal­tig be­wirt­schaf­te­ten und meist zer­ti­fi­zier­ten Wäl­dern. Dem­ge­gen­über sind di­gi­ta­le Pres­se­er­zeug­nis­se nicht von vorn­herein öko­lo­gisch vor­teil­haf­ter: Ihr Kon­sum er­zeugt ei­nen oft­mals un­ter­schätz­ten öko­lo­gi­schen Fuß­ab­druck, der un­ter an­de­rem auf die ver­bau­ten Ma­te­ria­lien in den End­ge­rä­ten so­wie den strom­in­ten­si­ven Be­trieb der Da­ten­ser­ver zu­rück­zu­füh­ren ist. Mehr In­for­ma­tion ist on­line ab­ruf­bar un­ter www.bvda.de, www.vdp-online.de, www.papierfakten.de und www.werbung-im-briefkasten.de. 


Erstveröffentlichung

Print: Ro­sen­hei­mer blick, Inn­ta­ler blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 35. Jg., Nr. 7/2021, Sams­tag, 20. Fe­bru­ar 2021, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ (Kurz­fas­sung) [4+199/3/1/2]; Inn-Salz­ach blick, 12. Jg., Nr. 7/2021, Sams­tag, 20. Fe­bru­ar 2021, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ (Kurz­fas­sung) [4+199/3/1/2].
Online: ⭱ blick-punkt.com (Kurz­fas­sung), Mon­tag, 15. Fe­bru­ar 2021; ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, ⭱ E-Paper Inn-Salz­ach blick, Sams­tag, 20. Fe­bru­ar 2021. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
Publikationsverzeichnis: ⭲ Index 2021.


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DiscOlaf-Charts revisited. „DiscOlaf-Charts“ do­ku­men­tie­ren seit 1988 die Musik­prä­fe­ren­zen der an­spruchs­vol­len Clubber und Fans, hier: ein Rück­sprung ins Jahr 2011. Mehr In­for­ma­tion ist online ab­ruf­bar un­ter ⭱ m-publishing.com und ⭱ discolaf.de.
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Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker