Zwischen Euphorie und Ohnmacht
Wie arm sind wir?

Berlin — „Konjunkturboom“, „Rekordüberschuss“, „Bei­na­he-Voll­be­schäf­ti­gung“, „schwar­ze Null“: Deutsch­lands nach­hal­ti­ger und ro­bus­ter Auf­schwung wird Wirt­schafts- und Kon­sum­for­schern zu­fol­ge ge­tra­gen von der Kauf­lust der Ver­brau­cher, spru­deln­den Steuer­ein­nah­men, ver­stärk­ten Un­ter­neh­mens­in­ves­ti­tio­nen so­wie stei­gen­der Nach­fra­ge nach Wa­ren aus deut­scher Pro­duk­tion. Den­noch war­nen Ar­muts­for­scher und So­zial­ver­bän­de mit wach­sen­der Schär­fe vor zu­neh­men­der Ein­kom­mens­un­gleich­heit, re­la­ti­ver und ab­so­lu­ter Ar­mut so­wie Woh­nungs­lo­sig­keit: Das fa­cet­ten­rei­che Ar­muts­ri­si­ko steigt, die Ar­muts­quo­te ist auf his­to­ri­schem Höchst­stand, Miet- und Kauf­prei­se sind auf Re­kord­ni­veau, bun­des­weit küm­mern sich na­he­zu 1.000 Ta­feln mit mehr als 2.000 Lä­den und Aus­ga­be­stel­len um rund 1,5 Mil­lio­nen Be­dürf­ti­ge. Ein Blick auf die Kehr­sei­te des Aufschwungs.

Wegweiser

Bundesdeutsche Wirtschaft: Motor der EU

Die bundesdeutsche Wirtschaft ist 2017 so stark gewachsen wie seit sechs Jah­ren nicht mehr. Das Brut­to­in­lands­pro­dukt leg­te laut Sta­tis­ti­schem Bun­des­amt um 2,2 Pro­zent zu: Europas größ­te Volks­wirt­schaft er­wirt­schaf­te­te rund 3,263 Bil­lio­nen Eu­ro an Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen – gut 8,9 Mil­liar­den Euro je­den Tag oder 6,2 Mil­lio­nen Euro je­de Mi­nu­te. Die Bun­des­re­pu­blik ist da­mit die Num­mer vier der Welt­wirt­schaft und der Motor der Euro­päi­schen Union: Sie al­lei­ne stellt un­ter den der­zeit 28 Mit­glied­staa­ten rund 29 Pro­zent der Wirt­schafts­leis­tung in der Euro­zo­ne oder 21 Pro­zent der ge­sam­ten EU. Diese Wirt­schafts­leis­tung ha­ben im Jah­res­durch­schnitt rund 44,3 Mil­lio­nen Men­schen er­bracht – je­der Er­werbs­tä­ti­ge 73.705 Eu­ro. Ent­wick­lung 2018: Net­to­ge­halt und Kin­der­geld stei­gen, der Bei­trags­satz zur Ren­ten­ver­si­che­rung sinkt und Ar­beit­neh­mer kön­nen mehr in ihre be­trieb­li­che Al­ters­vor­sor­ge investieren.

Konsumlaune – Jobboom – Beschäftigungsrekord

Die Verbraucher steuerten 2017 durch ihre Anschaffungen und ihre täg­li­che Le­bens­hal­tung 1,74 Bil­lio­nen Euro zur Wirt­schafts­leis­tung bei, wes­halb sie mit mehr als 53 Pro­zent die wich­tig­ste Säu­le der bun­des­deut­schen Wirt­schaft sind. Das Ver­trauen in die Kon­juk­tur ist nach An­ga­ben der Ge­sell­schaft für Kon­sum­for­schung (GfK) so groß, dass sich nur we­ni­ge Men­schen um ih­ren Job sorg­ten. Das In­sti­tut für Ar­beits­markt- und Be­rufs­for­schung (IAB) sagt zu­dem ei­nen wei­te­ren Rück­gang der Ar­beits­lo­sig­keit und ei­nen an­hal­ten­den Job­boom vo­r­aus.

Beispiel Bayern: Mit der niedrigsten Erwerbslosenquote von 3,2 Pro­zent und ei­nem Höchst­wert von 5,46 Mil­lio­nen so­zial­ver­si­che­rungs­pflich­tig Be­schäf­tig­ten hat der bayeri­sche Ar­beits­markt ein Re­kord­jahr hin­ge­legt. Laut Re­gio­nal­di­rek­tion der Bun­des­agen­tur für Ar­beit lag die Zahl der Ar­beits­lo­sen 2017 im Jah­res­durch­schnitt bei 231.353 – ein Mi­nus von 7,7 Pro­zent für den Frei­staat im Ver­gleich zum Vor­jahr. Oben­drein wer­den laut „IHK-Fach­kräf­te­mo­ni­tor Bayern“ über al­le Be­rufs­grup­pen hin­weg Fach­kräf­te ge­sucht: Be­trie­be müss­ten so­gar Auf­trä­ge ver­schie­ben oder ab­leh­nen, weil kei­ne Ka­pa­zi­tä­ten vor­han­den seien.

Zugleich ist bundesweit die „chronische“ Ar­beits­lo­sig­keit laut ak­tu­el­ler IAB-Stu­die von 2,6 Mil­lio­nen im Jahr 2006 auf 1,2 Mil­lio­nen in 2015 ge­sun­ken. Die­se Sta­tis­tik er­fasst auch je­ne, de­ren Ar­beits­lo­sig­keit zwar durch kur­ze Pha­sen der Be­schäf­ti­gung oder durch För­der­maß­nah­men un­ter­bro­chen wird, die je­doch auf dem re­gu­lä­ren Ar­beits­markt nicht Fuß zu fas­sen ver­mö­gen. Der Bun­des­ver­band der Deut­schen In­dus­trie (BDI) be­kräf­tigt da­bei, dass durch den nach­hal­ti­gen und ro­bus­ten Auf­schwung er­neut et­li­che hun­dert­tau­send neue Ar­beits­plät­ze ent­ste­hen wer­den.

Indessen deuten weitere Daten auf eine an­de­re Wirk­lich­keit hin – und die Wahr­neh­mun­gen sind ein­drück­lich: an Aus­ga­be­stel­len der Tafeln ste­hen­de Be­dürf­ti­ge, an Ab­fall­be­häl­tern Pfand­fla­schen sam­meln­de Se­nio­ren, in Ein­kaufs­pas­sa­gen bet­teln­de Mit­men­schen oder etwa in Park­an­la­gen näch­ti­gen­de Woh­nungs­lo­se. An­läs­se ge­nug für ei­ne Ar­muts­de­bat­te mit Be­zug zum Wohl­stands­ni­veau.

Hartz IV – Tafeln – Wohnungslosigkeit

Deutschlandweit werden von den 2,9 Millionen Pflegebedürftigen mehr als zwei Mil­lio­nen zu Hau­se be­treut, rund 1,4 Mil­lio­nen aus­schließ­lich von Fa­mi­lien­mit­glie­dern. Letzt­ge­nann­te re­du­zie­ren ih­re Ar­beits­zeit laut Ar­bei­ter­wohl­fahrt (AWO) oder ge­ben den Job ganz auf. Fol­ge: ein „Le­ben auf Hartz IV-Ni­veau“. Das heißt: Ar­beits­lo­sen­geld II (ALG II) – um­gangs­sprach­lich: Hartz IV – stellt die Grund­si­che­rungs­leis­tung für er­werbs­fä­hi­ge Hil­fe­be­dürf­ti­ge nach dem So­zial­ge­setz­buch II (SGB II) dar und gilt als Ar­muts­in­di­ka­tor.

2017 bezogen durchschnittlich 4,36 Millionen Personen in Deutsch­land ALG II. Da­ten der Bun­des­agen­tur für Ar­beit (BA) zu­fol­ge leb­ten im Ju­ni 2017 ins­ge­samt 2,05 Mil­lio­nen Kin­der und Ju­gend­li­che unter 18 Jah­ren in Hartz IV-Be­darfs­ge­mein­schaf­ten – rund 100.000 mehr als ein Jahr zu­vor. Das Deut­sche Kin­der­hilfs­werk prä­zi­siert: Je­des fünf­te Kind ist von Ar­mut be­trof­fen. Und die Bertelsmann-Stiftung hat be­rech­net, dass das Ar­muts­ri­si­ko für Rent­ner der „Baby­boo­mer“, den ge­bur­ten­star­ken Jahr­gän­gen der 1950‍er- und 1960‍er-Jah­re, bis 2036 auf 20 Pro­zent steigt (2015: 16 Pro­zent). Kurz­um: Je­der fünf­te Neu­rent­ner ist ar­muts­ge­fähr­det. Als von Al­ters­ar­mut be­droht gel­ten Rent­ner, de­ren mo­nat­li­ches Net­to-Ein­kom­men un­ter 958 Eu­ro liegt.

Für eine werteorientierte und strategische Digitalpolitik
brauchen wir eine positive Zukunftsvision, den gesellschaftlichen Dialog
und den kontinuierlichen Diskurs mit den politischen und
wirtschaftlichen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen.
Dr. Olaf Konstantin Krueger (PIRATEN)

Bis zu 1,5 Millionen Bedürftige nehmen re­gel­mäßig die ⭲ Leis­tun­gen der 934 Tafeln in An­spruch: 53 Pro­zent sind Er­wach­se­ne im er­werbs­fä­hi­gen Al­ter – vor al­lem Empfä­nger von ALG II oder So­zial­geld, Spät­aus­sied­ler und Mi­gran­ten –, 23 Pro­zent sind Kin­der und Ju­gend­li­che, 23 Pro­zent Rent­ner und 19 Pro­zent Al­lein­er­zie­hen­de. 60.000 Eh­ren­amt­li­che en­ga­gie­ren sich bei den Tafeln, wel­che zu 60 Pro­zent in Trä­ger­schaft ge­mein­nüt­zi­ger Or­ga­ni­sa­tio­nen wie der Dia­ko­nie, Ca­ri­tas, Deut­sches Ro­tes Kreuz oder Ar­bei­ter­wohl­fahrt sind und zu 40 Pro­zent von ein­ge­tra­ge­nen Ver­ei­nen ge­lei­tet wer­den. Die Zahl der Tafeln wächst ste­tig – die Men­ge der ge­spen­de­ten Le­bens­mit­tel zwar auch, doch nicht so schnell wie die Nach­fra­ge.

Ein anderer Armutsindikator sind Strom­sper­ren: Zwi­schen 2011 und 2015 wur­de je­des Jahr bei mehr als 330.000 Haus­hal­ten der Strom ab­ge­stellt. Nach Schät­zun­gen der „BAG Woh­nungs­lo­sen­hil­fe (BAG W)“ wa­ren 2016 rund 860.000 Men­schen in Deutsch­land ganz oh­ne Woh­nung – ein An­stieg seit 2014 um etwa 150 Pro­zent. Die BAG W rech­net von 2017 bis 2018 mit einem wei­te­ren Zu­wachs um etwa 350.000 auf etwa 1,2 Mil­lio­nen woh­nungs­lo­se Men­schen – ei­ne er­neu­te Stei­ge­rung um circa 40 Pro­zent. Hier­bei sind woh­nungs­lo­se Flücht­lin­ge man­gels Da­ten nicht be­rück­sich­tigt.

Armutsrisiko – Altersarmut – Kinderarmut

Der Disput um das Ausmaß der Not macht sich nicht nur fest an der Ge­wich­tung von Kenn­zif­fern und In­di­ka­to­ren so­wie der In­ter­pre­ta­tion kon­kre­ter Le­bens­la­gen, son­dern auch an ge­sell­schaft­li­chen Vor­stel­lun­gen von so­zia­ler Teil­ha­be, Chan­cen­gleich­heit und Ge­rech­tig­keit, letzt­lich des Men­schen­bil­des. So wird Ar­mut in In­dus­trie­staa­ten üb­li­cher­wei­se ins Ver­hält­nis zum Ein­kom­men ge­setzt, wäh­rend Ent­wick­lungs­län­der oft ab­so­lu­te Ar­mut mit ei­nem be­stimm­ten nie­dri­gen Ein­kom­men ver­bin­den. In der EU hat sich die Mes­sung der „ma­te­ri­el­len Ent­beh­rung“ eta­bliert: Wer sich vier von neun Aus­ga­ben­pos­ten – von an­ge­mes­se­ner Hei­zung der Woh­nung bis zum Te­le­fon – nicht leis­ten kann, der gilt als ma­teriell ab­ge­hängt. 2015 waren dem­nach fünf Pro­zent der Be­völ­ke­rung in Deutsch­land von er­heb­li­cher ma­te­ri­el­ler Ent­beh­rung be­trof­fen, wäh­rend der EU-Durch­schnitt bei 10,5 Pro­zent lag.

Dem 2017 von der Bundesregierung vor­ge­leg­ten „5. Ar­muts- und Reich­tums­be­richt (5. ARB)“ zu­folge ist der Be­völ­ke­rungs­an­teil im mitt­le­ren Ein­kom­mens­be­reich sta­bil und der An­teil der­je­ni­gen, die we­gen ei­nes ver­gleichs­wei­se nie­dri­gen Ein­kom­mens als ar­muts­ge­fähr­det gel­ten, in den ver­gan­ge­nen Jah­ren al­len­falls leicht ge­stie­gen. Dem­ge­gen­über ist laut dem „Be­richt zur Ar­muts­ent­wick­lung in Deutsch­land 2017“ des Pa­ri­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­bands ne­ben der Wirt­schafts­kraft auch die Ar­mut ge­stie­gen: Mit ei­ner Ar­muts­quote von 15,7 Pro­zent seien 12,9 Mil­lio­nen Men­schen arm – Höchst­stand seit der Wie­der­ver­ei­ni­gung. Be­son­ders be­trof­fen: Al­lein­er­zie­hen­de, Ar­beits­lo­se, Aus­län­der, Kin­der­rei­che, Min­der­jäh­ri­ge und Se­nio­ren. Der Wohl­fahrts­ver­band stützt sich auf Zah­len des jähr­lich durch­ge­führ­ten Mi­kro­zen­sus des Sta­tis­ti­schen Bun­des­amts. Von Ar­mut be­droht ist da­nach, wer über we­ni­ger als 60 Pro­zent des mitt­le­ren Ein­kom­mens ver­fügt. Hier spre­chen Sta­tis­ti­ker in Re­la­tion zu den ge­sell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen von Ar­muts­ge­fähr­dung, was aber nicht mit ab­so­lu­ter Ar­mut gleich­zu­set­zen ist, denn sonst blie­be die Ar­mut auch bei wach­sen­dem Wohl­stand gleich.

Abhängig vom ermittelten Grad der Ar­muts­ge­fähr­dung oder Ar­mut spei­sen sich die For­de­run­gen an die po­li­ti­schen Ak­teu­re. So be­schrieb die Große Koa­li­tion 2017 fünf Auf­ga­ben zur Stär­kung von so­zia­lem Zu­sam­men­halt und Leis­tungs­ge­rech­tig­keit: Er­stens soll­ten kon­ti­nuier­li­che Er­werbs­bio­gra­phien mit leis­tungs­ge­rech­ter Ent­loh­nung ge­stärkt wer­den, zwei­tens Kin­der und ih­re Fa­mi­lien ziel­ge­rich­tet un­ter­stützt und wirk­sam ge­för­dert wer­den, drit­tens der Zu­gang zu ge­sell­schaft­lich not­wen­di­gen Gü­tern und Dienst­leis­tun­gen ge­sichert wer­den, vier­tens Leis­tungs­ge­rech­tig­keit und Trans­pa­renz im Steuer­sys­tem ver­bes­sert wer­den so­wie fünf­tens de­mo­kra­ti­sche Teil­habe und Ak­zep­tanz de­mo­kra­ti­scher Wer­te ge­stärkt wer­den.

Letztlich müssen sich Politik und Zivilgesellschaft in die­sem pros­pe­rie­ren­den Land an ih­ren Mög­lich­kei­ten mes­sen las­sen, das sozio-kul­tu­rel­le Exis­tenz­mi­ni­mum zu si­chern und die Mit­tel und Chan­cen zu er­hö­hen, um das Le­ben so zu ge­stal­ten, wie es auf­grund des his­to­risch er­reich­ten Wohl­stands­ni­veaus mög­lich ist. 


Erstveröffentlichung

Print: Ro­sen­hei­mer blick, Inn­ta­ler blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 31. Jg., Nr. 3/2018, Sams­tag, 20. Ja­nu­ar 2018, S. 1/5, Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ (Kurz­fas­sung) [179/3/1/9, ein Fo­to]; Inn-Salz­ach blick, 10. Jg., Nr. 3/2018, Sams­tag, 20. Ja­nu­ar 2018, S. 1/3, Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ (Kurz­fas­sung) [183/5/–/9].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Don­ners­tag, 18. Ja­nu­ar 2018 (Lang­fas­sung); ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, ⭱ E-Paper Inn-Salz­ach blick, Sams­tag, 20. Ja­nu­ar 2018. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.


Armutsgefährdungsquote – Überbelegungsquote

Wiesbaden — Die Ar­muts­ge­fähr­dungs­quo­te gilt als In­di­ka­tor zur Mes­sung re­la­ti­ver Ein­kom­mens­ar­mut, die Über­be­le­gungs­quo­te als In­di­ka­tor zur Mes­sung des Wohn­raum­man­gels. Das Sta­tis­ti­sche Amt der Eu­ro­päi­schen Union (Eurostat) ver­öf­fent­licht jähr­lich Er­geb­nis­se al­ler an EU-SILC (European Union Statistics on Income and Living Conditions) teil­neh­men­den Län­der. Das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt (Destatis) ist an der Er­he­bung be­tei­ligt.

Der Europäischen Union (EU) zu­fol­ge wa­ren in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land im Jahr 2018 rund 15,3 Mil­lio­nen Men­schen von Ar­mut oder so­zia­ler Aus­gren­zung be­droht, mit­hin 18,7 Pro­zent der Be­völ­ke­rung (2017: 15,5 Mil­lio­nen Men­schen/19,0 Pro­zent). Dies mel­de­te das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ⭱ Mit­te Ok­to­ber 2019 auf­grund von Er­geb­nis­sen der ⭱ Ge­mein­schafts­sta­tis­tik über Ein­kom­men und Le­bens­be­din­gun­gen (EU-SILC).

Indikator Armutsgefährdungsquote. Aus­ge­hend vom Mi­kro­zen­sus im Jahr 2018 war die ⭲ Ar­muts­ge­fähr­dungs­quo­te in den süd­li­chen Bun­des­län­dern Ba­den-Würt­tem­berg (11,9 Pro­zent) und Bayern (11,7 Pro­zent) am ge­rings­ten. Das bun­des­weit höchs­te Ar­muts­ri­si­ko wie­sen Bre­men (22,7 Pro­zent) und Meck­len­burg-Vor­pom­mern (20,9 Pro­zent) auf, so das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ⭱ En­de Juli 2019.

Bezogen auf alle Erwerbstätigen lebten in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land im Jahr 2018 ins­ge­samt 9,1 Pro­zent un­ter­halb der „Ar­muts­ge­fähr­dungs­gren­ze“ – ihr Ein­kom­men be­trug we­ni­ger als 60 Pro­zent des mitt­le­ren Ein­kom­mens der Ge­samt­be­völ­ke­rung. Der An­teil der ar­muts­ge­fähr­de­ten Er­werbs­tä­ti­gen lag da­mit knapp un­ter­halb des EU-Durch­schnitts von 9,4 Pro­zent. Über­durch­schnitt­lich ar­muts­ge­fähr­det wa­ren Er­werbs­tä­ti­ge mit be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trä­gen (17,8 Pro­zent) und Teil­zeit­ar­bei­ten­de (14,3 Pro­zent). Selbst 7,1 Pro­zent der un­be­fris­tet Be­schäf­tig­ten und 6,3 Pro­zent al­ler Voll­zeit­be­schäf­tig­ten er­ziel­ten ein so ge­rin­ges Ein­kom­men, dass sie als ar­muts­ge­fähr­det gal­ten. Er­werbs­tä­ti­ge Frauen wa­ren mit 10,2 Pro­zent häu­fi­ger be­trof­fen als er­werbs­tä­ti­ge Män­ner mit 8,0 Pro­zent. Die­se Zah­len ver­öf­fent­lich­te das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ⭱ Ende April 2020.

Indikator Überbelegungsquote. Der Ge­mein­schafts­sta­tis­tik EU-SILC zu­fol­ge leb­ten in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land im Jahr 2018 rund sechs Mil­lio­nen Men­schen (7,4 Pro­zent der Be­völ­ke­rung) in ei­ner über­be­leg­ten Woh­nung – ihr Haus­halt ver­füg­te im Ver­hält­nis zur Per­so­nen­zahl über zu we­ni­ge Zim­mer. Die Über­be­le­gungs­quo­te war im Ver­gleich zu den Vor­jah­ren sta­bil. Be­son­ders be­trof­fen vom Wohn­raum­man­gel: Al­lein­er­zie­hen­de und ih­re Kin­der (20 Pro­zent) so­wie ar­muts­ge­fähr­de­te Per­so­nen (19 Pro­zent), Er­wach­se­ne mit aus­län­di­schem Pass (16 Pro­zent) deut­lich häu­fi­ger als Er­wach­se­ne mit deut­schem Pass (sechs Pro­zent), die Stadt­be­völ­ke­rung (zwölf Pro­zent) rund drei Mal so häu­fig wie die Land­be­völ­ke­rung (vier Pro­zent). Dies mel­de­te das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ⭱ An­fang April 2020.

Mehr Information ist online abrufbar unter ⭱ destatis.de
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker