Programmatische Grundsatzrede zur Digitalen Transformation
Krueger: „Für eine gesamtverantwortliche Digitalpolitik“

Ismaning — Landesparteitag Bayern 2015.1 der Piratenpartei Deutschland, zwei Jah­re vor der Bun­des­tags­wahl 2017. In mei­ner Funk­tion als Po­li­ti­scher Ge­schäfts­füh­rer des Lan­des­vor­stan­des Bayern be­schrei­be ich in ei­ner pro­gram­ma­ti­schen Grund­satz­re­de die Di­men­sio­nen der di­gi­ta­len Trans­for­ma­tion und ver­or­te die Piraten­par­tei po­li­tisch. Titel der Ansprache: „Den Digitalen Wandel mit­ge­stal­ten: Für ei­ne ge­samt­ver­ant­wort­li­che Digitalpolitik“.

Wegweiser

Digitalen Wandel verantwortungsvoll mitgestalten

Die Schlagworte unserer Tage sind nicht nur Cloud Computing, Internet der Dinge, Big Data, Crowd­sour­cing und Freifunk, son­dern ge­nau­so Vor­rats­da­ten­spei­che­rung, Se­lek­to­ren, ⭲ Cyber­kri­mi­na­li­tät, Cyberspionage und Cybersabotage.

Befassen wir uns mit der Digitalen Revolution, so be­schäf­ti­gen wir uns mit ei­ner hoch kom­ple­xen, mehr­di­men­sio­na­len, dy­na­mi­schen und schub­wei­sen Trans­for­ma­tion.
Für die­se Trans­for­ma­tion gibt es we­der ein Vor­bild noch ei­nen Mas­ter­plan oder gar ein ein­deu­ti­ges Ziel. Da­zu

  • ändern sich die Be­din­gun­gen, Heraus­for­de­run­gen und Wir­kun­gen zu schnell,
  • sind die öko­no­mi­schen, öko­lo­gi­schen, wis­sen­schaft­li­chen, kul­tu­rel­len, so­zia­len und po­li­ti­schen Im­pli­ka­tio­nen zu vielfältig.

In diesem Gemenge entgehen wir der Gefahr, Getriebene zu werden, in­dem wir uns auf den Digi­ta­len Wan­del mit Au­gen­maß ein­las­sen und eine Vi­sion ent­wi­ckeln, die uns als Richt­schnur für un­ser be­dach­tes Han­deln zu die­nen ver­mag. Mit Be­dacht han­deln des­halb, weil wir als ver­ant­wor­tungs­vol­ler Kol­lek­tiv­ak­teur un­se­ren Weg in die­ser Si­tua­tion kon­ti­nuier­lich über­den­ken müs­sen, denn die­se Trans­for­ma­tion ist kei­ne Tro­cken­übung oder Si­mu­la­tion, die wir bei Miss­fal­len ab­bre­chen und wie­der­holt auf Level One be­gin­nen können.

Wollen wir also den Digitalen Wandel ver­ant­wor­tungs­voll mit­ge­stal­ten, so müs­sen wir uns

  • klar als Change­ma­na­ger be­grei­fen und emp­feh­len so­wie
  • als Schritt­ma­cher mit Ex­per­ti­se fungieren.

Unser Technologie bejahender Impetus ist dabei ein freiheitlicher und humanistischer.

Von dieser Warte aus be­trach­tet bie­tet die Digi­ta­li­sie­rung enor­mes Potenzial

  • für mehr Wertschöpfung, vernetzte Wert­schöp­fungs­ket­ten und Robo­sour­cing,
  • für in­no­va­ti­ve Ent­wick­lungs- und Pro­duk­tions­for­ma­te mit ei­nem auf Nach­hal­tig­keit an­ge­leg­ten Wachs­tum,
  • für neue Wirtschaftsmodelle in globalen Ge­schäfts­um­fel­dern,
  • für optimierte weltweite Produkt- und Wa­ren­flüs­se zu hy­bri­di­sier­ten Ver­brau­cher­märk­ten,
  • für ressourcensparenden, effizienten Ener­gie­ver­brauch mit De­zen­tra­li­sie­rung, Custo­meriz­ation und Pro­su­mern,
  • für individuelle, vernetzte, kollaborative sowie ar­beit­ge­ber- und ar­beit­neh­mer­freund­li­che Be­schäf­ti­gungs­for­men,
  • für die Umgestaltung der In­for­ma­tions­öko­no­mie,
  • für flexiblere und orts­un­ab­hän­gi­ge Bil­dungs-, Qua­li­fi­zie­rungs- und For­schungs­mo­del­le mit adä­qua­ten In­for­ma­tions­in­fra­struk­tu­ren,
  • für nutzergerechte, mul­ti­mo­da­le Mo­bi­li­tät,
  • für ⭲ gleich­wer­ti­ge Le­bens­ver­hält­nis­se in ur­ba­nen Ver­dich­tungs­räu­men wie in länd­li­chen Re­gio­nen,
  • für breiteren Wohlstand, hö­he­re Le­bens­qua­li­tät und viel­fäl­ti­ge Le­bens­sti­le,
  • für passgenaue Freizeitgestaltung und sti­mu­lie­ren­de En­ter­tain­ment­wel­ten,
  • für smarte medizinische Ver­sor­gung von der Prä­ven­tion über die Diag­no­stik und Thera­pie bis hin zur Nach­sor­ge so­wie ein län­ger selbst­be­stimm­tes Le­ben,
  • für mannigfaltige künst­le­ri­sche Aus­drucks­for­men so­wie
  • für mehr digitale Teilhabe, bür­ger­schaft­li­ches En­ga­ge­ment und po­li­ti­sche Par­ti­zi­pa­tion.

Zugleich gilt für uns als verantwortungsbewusste Changemanager,

  • den Verlockungen der digitalen Optimierung souverän zu begegnen,
  • die in­hä­ren­ten Span­nun­gen der Tech­no­lo­gie­schübe – wie Ak­zep­tanz­pro­ble­me, An- und Über­for­de­rung, recht­li­che und ethi­sche Bar­rie­ren so­wie Ana­lo­gi­sie­rung – wahr­zu­neh­men,
  • die Wir­kun­gen von Big Da­ta Ana­lytics, Big Data Hadoop und Big Data Mi­ning an­zu­spre­chen,
  • das Auf­lö­sen der Gren­zen zwi­schen Ar­beit und Frei­zeit so­wie zwi­schen dienst­li­chen und pri­va­ten Ge­rä­ten und Da­ten dif­fe­ren­ziert zu hin­ter­fra­gen,
  • ra­di­ka­le Trans­for­ma­tions­sze­na­rien und Wachs­tums­fra­gen kri­tisch zu be­fas­sen,
  • ex­ten­si­ve Kom­mer­zia­li­sie­rungs­ver­fah­ren streng zu prü­fen,
  • un­er­wünsch­te Ef­fek­te und Ri­si­ken in der ver­netz­ten Welt zu mi­ni­mie­ren so­wie
  • ei­nem to­ta­li­tä­ren Drive zu widerstehen.

Dazu setzen wir auf den Primat der Politik:
eine mutige, gestaltende, gesamtverantwortliche Digitalpolitik.

Gesamtverantwortliche Digitalpolitik

Eine gesamtverantwortliche Digitalpolitik tritt ent­spre­chend im Ge­ne­rel­len ein

  • für vertrauenswürdige IT-Infrastrukturen,
  • für umfassende Netzneutralität,
  • für angemessenen Zugang zur digi­ta­len Kom­mu­ni­ka­tion,
  • für verstärkten Datenschutz von der Erhebung über die Ver­ar­bei­tung bis hin zur Spei­che­rung von In­for­ma­tion,
  • für ⭲ in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung,
  • für transparente staatliche Pro­zes­se,
  • für Informationsfreiheitsgesetze,
  • für freien Zugang zu öf­fent­li­chen In­hal­ten, Bil­dung und For­schung,
  • für ein digitales Urheberrecht,
  • für umweltschonende Ener­gie­er­zeu­gung so­wie
  • für rechtssichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe.

Diese freiheitliche Digitalpolitik wen­det sich im Konkreten

  • gegen bevorrechtigte Daten sowie gedrosselte oder gesperrte Inhalte und Dienste,
  • gegen digitalen Souveränitätsverlust via Datenmissbrauch, Da­ten­be­trug, Ran­some­ware oder Identity Theft,
  • gegen Cyber-Bullying, Cyber-Mobbing und Cyber-Stalking,
  • gegen anlassloses Ausspähen, Sammeln und Speichern per­so­nen­be­zo­ge­ner Kom­mu­ni­ka­tions­da­ten,
  • gegen freiheitseinschränkende Algorithmisierung der öf­fent­li­chen Kom­mu­ni­ka­tion,
  • gegen kommerzielles und staatliches Profiling,
  • gegen Kontrolldruck, Über­wa­chungs­syste­me und Zen­sur­maß­nah­men,
  • gegen Cyberrisiken via Schadprogramme, Phishing, Botnetze, Spam, Exploits und infizierte Apps,
  • gegen Rebound-Effekte sowie
  • gegen Cyberwarfare und Drohnenkriegsführung.

Im Detail gilt es,

  • För­der­pro­gram­me für Start-ups und Innovatoren zu un­ter­stüt­zen,
  • zu­kunfts­fä­hi­ge Qua­li­fi­zie­rung zu er­mög­li­chen,
  • adä­qua­te Schlüs­sel­kom­pe­ten­zen aus­zu­bil­den,
  • nach­hal­ti­ge Medien­nut­zung zu för­dern,
  • of­fe­ne Pro­to­kol­le, Ver­fah­ren, ⭲ Soft­ware, Standards und Systeme zu be­gün­sti­gen,
  • Datensicherheit, Privat- und In­tim­sphä­re zu ge­währ­lei­sten,
  • Opt-In-Verfahren als Default zu eta­blie­ren,
  • si­che­re und per­for­man­te Kom­mu­ni­ka­tions­sys­te­me zu schaf­fen,
  • kritische Infrastrukturen vor An­grif­fen und Sa­bo­ta­ge zu schüt­zen,
  • Cybersecurity fest­zu­schrei­ben – auch im Gaming-Segment so­wie
  • kommunale Daseinsvorsorge anzupassen.

Piratenpartei Treiber des Wandels

Wir PIRATEN haben uns in unserer neun­jäh­ri­gen Par­tei­ge­schich­te be­reits als Pro­mo­to­ren – als Trei­ber des Wan­dels – auf­ge­stellt, et­wa

  • bei der Stärkung der Bürgerrechte (E-Demokratie),
  • bei der Transparenz des Staatswesens (E-Government; OffenerHaushalt),
  • bei der Bereitstellung öf­fent­li­cher Dienst­lei­stun­gen (E-Ad­mi­ni­stra­tion),
  • bei der freien Verfügbarkeit und Nutz­bar­keit von öf­fent­li­chen Da­ten (Open Go­vern­ment, Open Data),
  • bei der Ausweitung der Beteiligungsverfahren (openAntrag),
  • bei der Reform des Patent- und Urheberrechts (Commons) sowie
  • bei der Förderung von Freifunk und offenem WLAN.

Dabei halfen uns viele engagierte Unterstüt­zer und mo­ti­vier­te Mitläufer.

Doch obwohl sich unser Gemeinwesen als fort­schritt­lich be­greift, hin­ken wei­ter­hin Wirt­schaft, Bil­dungs­sys­tem, Ver­wal­tung und Po­li­tik dem tech­no­lo­gi­schen Fort­schritt hin­ter­her, ver­la­gert sich der Schwer­punkt der Re­gie­rungs­po­li­tik im­mer wei­ter auf Han­dels­ver­flech­tung, Si­cher­heits­ar­chi­tek­tu­ren und Mas­sen­über­wa­chungs­maß­nah­men. Die­ser Ent­wick­lung muss ei­ne ge­samt­ver­ant­wort­li­che Digi­tal­po­li­tik ent­ge­gen ge­setzt werden.

Wir PIRATEN wollen den Digitalen Wandel ver­ant­wor­tungs­be­wusst po­li­tisch mitgestalten.

Wir PIRATEN wollen die Chancen der Digitalisierung in der Breite nutzen, Risiken mi­ni­mie­ren und Ver­wer­fun­gen ver­mie­den se­hen. Und:

Wir PIRATEN wollen uns in den Parlamenten für diese gesamtverantwortliche Digitalpolitik ein­set­zen. Des­halb heißt un­se­re Lo­sung mehr denn je:

Klarmachen zum Ändern! 

Pressekontakt

Kommunale Arbeit der Rosenheimer Piraten 2015/2016

Rosenheim — Kreisparteitag 2016.1, 6. April 2016, Rosenheim: Der zehn­sei­tige Tätigkeitsbericht des vierten Vor­stan­des der PIRATEN in der kreis­freien Stadt und im Land­kreis Rosenheim für den Be­richts­zeit­raum vom 4. März 2015 bis zum 6. April 2016 zeigt Kon­ti­nui­tät und Wan­del der kom­mu­na­len Parteiarbeit.

Inhaltlich hat sich der Kreisvorstand auf die Gründungsthemen der Piratenpartei mit Lokal­be­zug kon­zen­triert und da­mit sein dies­be­züg­li­ches Pro­fil ge­stärkt: In­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung, Privat­sphäre und Daten­schutz, Trans­pa­renz des Staats­wesens sowie Bür­ger­be­tei­li­gung. Da­zu wur­den Vor­trä­ge, Workshops und Cryptopartys an­ge­bo­ten. Über­dies hat der Kreis­vor­stand sei­ne Kom­pe­tenz in der Be­ur­tei­lung der ge­plan­ten Frei­han­dels­ab­kom­men mit ei­ge­nen Info-Stän­den und ei­ner De­mon­stra­tion in Rosenheim un­ter­mauert. Die Kampagne des Lan­des­ver­ban­des zum „Volks­be­geh­ren für eine un­ab­hän­gi­ge Justiz in Bayern“ wur­de eben­so un­ter­stützt wie die von der Bun­des­par­tei or­ga­ni­sier­ten „The­men­wo­chen“. In­ner­par­tei­lich wur­den die be­ste­hen­den Ver­bin­dun­gen zu an­de­ren Glie­de­run­gen der Piratenpartei ge­pflegt und wich­ti­ge Ter­mi­ne wie die des Bezirks­par­tei­tags Oberbayern, des Lan­des­par­tei­tags und des Bun­des­par­tei­tags wahr­ge­nom­men. Ein Wer­muts­trop­fen ist die Zu­rück­hal­tung der Par­tei­mit­glie­der, der „Basis“, bei der kom­mu­na­len Par­tei­ar­beit in der wahl­kampf­freien Zeit.
 Piratenpartei-Deutschland_KV-Rosenheim_Kreisvorstand_Taetigkeitsbericht_2015-2016_sec
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker