Digitalisierungsstrategie soll Rosenheim in eine „Smart City“ transformieren
Artmann: „Wir brauchen den großen Wurf“

Rosenheim — Die kreisfreie Stadt Rosenheim soll zur „Smart City“ wer­den. Da­zu hat der Aus­schuss für Wirt­schaft und Tou­ris­mus ei­ne „Di­gi­ta­li­sie­rungs­stra­te­gie 2030“ be­schlos­sen. „Es be­steht drin­gen­der Hand­lungs­be­darf“, er­klärt Thomas Bugl, Be­rufs­mä­ßi­ger Stadt­rat und Wirt­schafts­de­zer­nent, die Not­wen­dig­keit. Zu­sätz­lich Dampf macht CSU-Stadt­rat und Frak­tions­ge­schäfts­füh­rer Daniel Artmann, Netz­werk­ma­na­ger und Ge­schäfts­füh­rer vom „Stell­werk 18 – Di­gi­ta­le Wirt­schaft Süd­ost­ober­bayern e. V.“: Er wünscht sich als­bald ei­nen städ­ti­schen „Chief Di­gi­tal Of­fi­cer (CDO)“.

Wegweiser

Rosenheim „in der Digitalisierung klassisches Mittelfeld“

Krueger. Herr Artmann, Sie verbinden zwei Sphä­ren: die po­li­ti­sche und die di­gi­ta­le. Wo steht die Stadt Ro­sen­heim in der Di­gi­ta­li­sie­rung auf ei­ner Ska­la von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut)?

Artmann. Derzeit sind wir in der Digitalisierung klas­si­sches Mit­tel­feld, al­so bei Punkt 5, mit stei­gen­der Ten­denz. Mit der „Di­gi­ta­li­sie­rungs­stra­te­gie 2030“ kommt Rosenheim ge­setz­li­chen Vor­ga­ben wie der ⭲ Da­ten­schutz­grund­ver­ord­nung, dem On­line­zu­gangs­ge­setz sowie den ⭲ eGovern­ment-Ge­set­zen des Bun­des und des Lan­des Bayern nach, die um­ge­setzt wer­den müs­sen. Die Bau­stel­len fest­zu­stel­len, ist ein ers­ter wich­ti­ger Schritt. Ich wün­sche mir, dass wir nicht nur das ge­setz­lich Not­wen­di­ge er­fül­len, son­dern auch Vor­rei­ter sind.

Krueger. Zunächst sind Ver­wal­tungs­leis­tun­gen wie KfZ-An- und -Ab­mel­dung ab­ruf­bar vom hei­mi­schen Rech­ner oder stand­ort­un­ab­hän­gig via mo­bi­les End­ge­rät.

Artmann. Rosenheim hat Nachholbedarf, wenn es da­rum geht, ⭲ Amts­ge­schäf­te on­line zu er­le­di­gen. Zu­gleich gilt es, die städ­ti­schen Mit­ar­bei­ter­in­nen und Mit­ar­bei­ter auf dem Weg in die Di­gi­ta­li­sie­rung mit­zu­neh­men und sie zu schu­len. Es hilft nicht, ei­ne tol­le Platt­form ein­zu­füh­ren, die nie­mand be­die­nen und an­pas­sen kann.

Krueger. Im Wirtschaftsausschuss haben Sie des­halb ei­nen „Chief Di­gi­tal Of­fi­cer“ ge­for­dert…

Artmann. Wir sollten nicht kleinteilig heran­ge­hen. Mein Ziel ist, dass je­mand die fach­liche Ge­samt­schau über al­le Be­rei­che der Stadt hat. Ich den­ke, bei al­ler Schu­lung der städ­ti­schen Mit­ar­bei­ter müs­sen wir ex­ter­nes Know-how hin­zu­zie­hen, wenn es um Schnitt­stel­len­ma­na­ge­ment, Da­ten­ab­gleich und Da­ten­si­cher­heit geht, da­mit wir den gro­ßen Wurf schaf­fen.

Wir sind ein bisschen ein träges Land geworden,
weil bei uns vieles so eingermaßen läuft.
Dr. Angela Merkel (CDU), Bun­des­kanz­le­rin der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, 30. No­vem­ber 2019

Krueger. Wie soll dieser „gro­ße Wurf“ aus­se­hen?

Artmann. Die Digitalisierung bie­tet gro­ße ⭲ Po­ten­zia­le, Res­sour­cen ef­fi­zien­ter und spar­sa­mer ein­zu­set­zen. Bei­spiels­wei­se in der in­ner­städ­ti­schen Ver­kehrs­in­fra­struk­tur Ro­sen­heims – Stich­wor­te: Park­raum­ma­na­ge­ment über App, ÖPNV, Fahr­gast­in­for­ma­tions­sys­te­me, Am­pel­schal­tun­gen. Bei­spiels­wei­se in der Ener­gie­ver­sor­gung. Da sind wir auf der Ska­la bei Punkt 8, weil wir mit Bio­gas­an­la­gen gut auf­ge­stellt sind. Bei­spiels­wei­se durch Raum­kli­ma­über­wa­chung, füll­stand­orien­tier­te Con­tai­ner­lee­rung, Über­wa­chung von Funk­tions­ge­bäu­den und Zäh­ler­fern­aus­le­sung mit­tels Sen­so­ren – Stich­wort: LoRaWAN.

Krueger. Das „Long Range Wide Area Network“, be­ste­hend aus klei­nen, kos­ten­güns­ti­gen Sen­so­ren mit nie­dri­ger Sen­de­leis­tung und gu­ter Ge­bäu­de­durch­drin­gung, wel­ches die komro ab 2020 auf den Land­kreis aus­wei­ten will.

Artmann. Weiteres Beispiel: Durch ei­ne di­gi­ta­le Stadt-App kann Ro­sen­heim noch at­trak­ti­ver wer­den – Kuf­stein hat be­reits ei­nen „Au­dio-Guide“. Eine Stadt-App mit Echt­zeit­dar­stel­lung des Bus­ver­kehrs wä­re auch mög­lich – in Sin­ga­pur sieht man et­wa über Google Maps den Nah­ver­kehr in Echt­zeit. Das heißt, die­se „Smart City“ kann den All­tag er­leich­tern, kann zur Nach­hal­tig­keit bei­tra­gen, Res­sour­cen scho­nen. Man muss hier of­fen sein, neue We­ge zu ge­hen.

Krueger. Müssen sich dann alle „Offliner“ und „ana­lo­gen“ äl­te­ren Ro­sen­hei­mer in­ter­net­fä­hi­ge End­ge­rä­te, Smart­phones zu­le­gen?

Artmann. Wir stehen hin­sicht­lich Bar­riere­frei­heit und Teil­ha­be in der Ver­ant­wor­tung, je­den Bür­ger mit­zu­neh­men. Auch für die äl­te­re Ge­ne­ra­tion bie­tet die Di­gi­ta­li­sie­rung ei­nen Mehr­wert – Stich­wor­te: Te­le­me­di­zin und Pfle­ge. Selbst in den an­ste­hen­den Kom­mu­nal­wahl­kampf fin­det das Quer­schnitts­the­ma Ein­gang. Zu­gleich kann je­der über den „Ideen­brief­kas­ten Smart City Ro­sen­heim“ auf smartcity-rosenheim.de sei­ne Ideen ein­brin­gen, wie der All­tag smar­ter ge­stal­tet wer­den kann.

„Digitalisierungsstrategie 2030“

Die bisherige Rosenheimer IuK-Strategie 2025 kann Thomas Bugl zu­fol­ge der in­for­ma­tions­tech­ni­schen Dy­na­mik, den ge­setz­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten und den ge­stie­ge­nen An­for­de­run­gen von Un­ter­neh­men und Bür­gern nicht mehr Rech­nung tra­gen. Die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der re­gio­na­len Wirt­schaft und die Leis­tungs­fä­hig­keit der Stadt­ver­wal­tung hin­gen aber „er­heb­lich“ vom Um­fang der Di­gi­ta­li­sie­rung ab. Aus­ge­hend von ge­setz­li­chen Vor­ga­ben, re­gio­na­len Er­for­der­nis­sen so­wie den Er­war­tun­gen der Wirt­schaft und der Bür­ger be­schreibt das in­te­grier­te Kon­zept nun kon­kre­te Ent­wick­lungs­zie­le für drei „Säu­len“: die „di­gi­ta­le In­fra­struk­tur“, die „di­gi­ta­le Stadt­ver­wal­tung“ und die „di­gi­ta­le Stadt­ge­sell­schaft“. Die ers­te Säu­le sieht in der Ver­sor­gung mit Breit­band, 5G und WLAN die Grund­la­ge für ei­ne leis­tungs­fä­hi­ge In­fra­struk­tur, die zwei­te Säu­le be­trifft die Im­ple­men­tie­rung neuer IT-Tech­no­lo­gien in der Kom­mu­nal­ver­wal­tung, die drit­te Säu­le rückt wei­te­re Ak­teu­re ins Blick­feld wie die Stadt­wer­ke, die RoMed-Kli­ni­ken und das Grün­der­zen­trum „Stellwerk 18“. 


Erstveröffentlichung

Print: Ro­sen­hei­mer blick, Inn­ta­ler blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 33. Jg., Nr. 47/2019, Sams­tag, 23. No­vem­ber 2019, S. 3, Ko­lum­ne „Po­li­tik“ (Kurz­fas­sung) [192/5/1/3].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Diens­tag, 12. No­vem­ber 2019; ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, Sams­tag, 23. No­vem­ber 2019. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker

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