69. Frankfurter Buchmesse festigt Weltstellung
Australischer Buchmarkt hat fast eine Milliarde Dollar Umsatz
Frankfurt/Main — 7.300 Aussteller aus 102 Ländern, 286.465 Besucher, 4.000 Veranstaltungen – die internationale Buchbranche präsentierte sich auf der 69. Frankfurter Buchmesse vom 11. bis 15. Oktober selbstbewusst, optimistisch, innovativ und gesellschaftskritisch. Die Buchmesse behauptete zugleich ihre Position als weltgrößter Branchentreff. Ein Fazit: Der australische wie der deutsche Buchmarkt wachsen leicht – die Zahl gedruckter Bücher ist etwas rückläufig, die der E-Books steigt geringfügig. Die Digitalisierung schreitet voran.
Ehrengast Frankreich stellte mit 269 Verlagen und Ausstellern sowie 180 Autorinnen und Autoren die französische Sprache ins Rampenlicht, die auf allen fünf Kontinenten und in rund 80 Ländern gesprochen wird. Das Veranstaltungsprogramm mit vielen namhaften Autoren ließ die fünftägige Buchmesse zum Literaturfest werden – um nur einige zu nennen: Cecilia Ahern, Manal al-Scharif, Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels Margaret Atwood, Dan Brown, Ken Follet, Gregor Gysi, Axel Hacke, Paula Hawkins, Reinhold Messner, Salman Rushdie, Leïla Slimani, Nicholas Sparks, Martin Walker und Peter Wohlleben, zudem Queen-Gitarrist Brian May, Roberto Blanco, Joey Kelly, Till Lindemann und „Panik-Rocker“ Udo Lindenberg mit seiner Lebensgefährtin, der Fotografin Tine Acke. Königin Mathilde von Belgien besuchte die Messe genauso wie Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Staatspräsident Emmanuel Macron.
Eine „Frankfurter Buchmesse-App“ mit Standorterkennung zeigte alle Aussteller, Veranstaltungen und VIP-Touren an und erleichterte mit der „Matchmaking-Funktion“ über LinkedIn das Finden von Business-Kontakten. Beim Businessfestival „The Arts+“ drehte sich zum zweiten Mal alles um Digitalisierung, Kreativität und Gesellschaft, brachte Pioniere und Akteure des digitalen Wandels zusammen. 40 Veranstaltungen der kulturpolitischen Plattform „Weltempfang“ beleuchteten aktuelle Konfliktfelder auf der Welt. Für Deutschland verlangte der Dachverband der deutschen Buchbranche, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, eine „neue Debattenkultur“: „Wir haben komplett verlernt, uns mit Themen auseinanderzusetzen, die uns nicht passen“, mahnte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. Start-ups, BookTuber und Selfpublisher erhielten mit „Orbanism Space“ eine Plattform für Influencer und ihre Communities, mit der „Self-Publishing Area“ einen Rahmen zum Netzwerken und mit „CONTENTshift“ ein Förderprogramm für Start-ups der Content-Branche. Nach Messeschluss lockte abends noch das „Bookfest“ Literaturbegeisterte in verschiedene Frankfurter Locations.
Buchmarkt in Australien
Die 34 australischen Aussteller zeigten sich in den Hallen 4.2, 6.1 und 6.2 verbindlich und selbstsicher – von der ATF Press Publishing Group, Allen & Unwin und Australian Scholarly Pubishing über Inspiring Publishers, Macmillan Education Australia und Melbourne University Publishing bis hin zu The Rights Hive, University of Queensland Press und WritingWA. Der Buchmarkt Down Under ist 2016 laut der Australian Publishers Association um 0,6 Prozent gewachsen, obschon die Zahl der Bücher um 3,5 Prozent sank: Im vergangenen Jahr veröffentlichten 4.247 Verlage (2015: 3.996) insgesamt 22.144 Titel (2015: 19.971) – 412 Verlage publizierten mehr als fünf Titel. Die rund 24,6 Millionen Australier konnten bei über 1.000 Einzelhändlern schmökern. Nielsen BookScan zufolge wurden 2016 mit 53,6 Millionen Büchern 968 Millionen Dollar umgesetzt. Im Jahr 2015 waren es noch 56,4 Millionen Bücher und 979 Millionen Dollar. Der Rückgang an Büchern ist auf die mehr als drei Millionen in 2015 verkauften Malbücher im Wert von 4,1 Millionen Dollar zurückzuführen. Dabei machten manche Kinderbücher auch einige der Verluste in 2016 wett: So war mit 426.000 verkauften Exemplaren „Harry Potter and the Cursed Child“ von J. K. Rowling, Jack Thorne und John Tiffany (Hachette) das meistverkaufte Kinderbuch in Australien. Unterdessen führen die Bestsellerliste weiter Andy Griffiths und Terry Denton an mit der Treehouse Kinderbuchserie (Pan Macmillan) und 300.000 verkauften Exemplaren von „The 78-Storey Treehouse“.
When it comes to formats, print continues to dominate the market.
Brad Jefferies, Think Australian 2017
2016 sind die Audiobücher- und E-Book-Verkäufe in Australien ⭲ immer noch nicht zuverlässig erfasst worden. Die E-Book-Verkäufe sollen Schätzungen zufolge weiterhin stabil bei 20 Prozent Marktanteil liegen, wenngleich dies unter den Editionsformen stark variieren kann: 22,5 Millionen E-Books sollen 2016 in Australien für 164 Millionen Dollar verkauft worden sein – über zwei Drittel via Amazons Kindle store, das verbleibende Drittel über Apples iBookstore. Zu diesen Verkäufen trugen herkömmliche Verleger zu 55 Prozent bei, Selbstverleger und Einzelautoren zu mehr als ein Drittel. Amazon wird den hiesigen Buchmarkt mit einer eigenen Distribution Down Under zweifelsohne verändern. Während australische Kunden bereits ihre Bereitschaft zum Kauf beim neuen Online-Buchhändler signalisiert haben, sehen Verleger die lokalen Online-Buchhändler mit ihren face-to-face-Veranstaltungen weiter als elementar an für den Erfolg neuer australischer Titel. Den gesamten Buchmarkt betrachtet, haben Druckwerke leicht ab- und elektronische Formate leicht zugenommen: Paperback 48 Prozent (2015: -2 Prozent), Stofftuch/Hardback 8 Prozent (gleich), CDs/DVDs 15 Prozent (+3), Spiral- und Ringbindungen 3 Prozent (-1), E-Books und andere Digitalformate 23 Prozent (+1) sowie weitere Formate 4 Prozent (+1).
Buchmarkt in Deutschland
Der deutsche Buchmarkt war 2016 laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels eher von Kontinuität denn von Disruption geprägt. Die Branche setzte 13,05 Milliarden Dollar um (9,276 Milliarden Euro, Umrechnungskurs: ein Euro/1,41 Dollar), eine Umsatzsteigerung von 1,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit Blick auf die Jahre seit 2012 hat die Branche damit deutlich besser abgeschnitten, denn 2014 und 2015 registrierte sie in der Jahresabrechnung noch ein Minus von 2,2 Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent. Anteilig erwirtschaftete der stationäre Buchhandel 2016 einen Umsatz von 6,176 Milliarden Dollar (4,39 Milliarden Euro), ein Rückgang um 0,8 Prozent. Bereits 2015 hatte der stationäre Buchhandel 3,4 Prozent seiner Einnahmen abgegeben. Dennoch bleibt er mit 47,3 Prozent am gesamten Branchenumsatz der wichtigste Vertriebsweg für Bücher.
Der Online-Buchhandel holt indessen weiter auf: Die E-Commerce-Umsätze stiegen 2016 um 5,3 Prozent. In der Zusammenschau der Vertriebswege hält der Online-Handel einen Anteil von 18,2 Prozent am Gesamtumsatz der Branche (weitere: Verlage direkt 20,9 Prozent, Versandbuchhandel 1,7 Prozent, Warenhäuser 1,4 Prozent und sonstige Verkaufsstellen 10,1 Prozent). E-Books sind auf dem deutschen Buchmarkt zur festen Größe geworden und im Massenmarkt etabliert. Ihren Anteil am Buchmarkt haben sie auf 4,6 Prozent ausgebaut (2015: 4,5 Prozent, 2014: 4,3 Prozent, 2013: 3,9 Prozent). Der Umsatz auf dem digitalen Publikumsmarkt stieg 2016 um 2,6 Prozent. 3,8 Millionen Käufer erwarben 2016 ein E-Book (2015: 3,9 Millionen), jeder Käufer im Schnitt 7,4 Titel (0,4 Stück mehr als im Vorjahr). Der Umsatz an E-Books hinkt dem Absatz nur hinterher, weil die Preise weiter sinken: Die Käufer gaben 2016 im Schnitt 9,47 Dollar (6,72 Euro) je E-Book aus und damit 14,1 Cent (10 Euro-Cent) weniger als im Vorjahr.
Das Gastland der Frankfurter Buchmesse vom 10. bis 14. Oktober 2018 wird Georgien sein, eine der ältesten Kulturnationen der Welt. Im Mittelpunkt des Auftritts unter dem Motto „Georgia – Made by Characters“ wird neben Literatur und Sprache das georgische Alphabet stehen, das 2016 zum UNESCO-Welterbe ernannt wurde. ✻
Erstveröffentlichung
Print: Die neue Woche Australien, 60. Jg., Nr. 16/2017, Dienstag, 7. November 2017, S. 9, Kolumne „Kultur“ [257/4/1/3, ein Foto].
Online: ⭱ diewoche.com.au, Dienstag, 7. November 2017. Stand: Neujahr, 1. Januar 2020.