Neugestaltung der Achenmühler Dorfmitte
Bürger sollen entscheiden
Rohrdorf — Architektenvorentwurf, Gemeinderatsbeschluss, Bürgerbegehren, Bürgerinitiative und Bürgerentscheid: Das sind heuer die Etappen bis zur bevorstehenden Abstimmung am 8. November über die Dorfplatzneuordnung in Achenmühle. Fraktionsübergreifend stimmten bereits drei Viertel der Rohrdorfer Gemeinderäte einem Gesamtkonzept mit Dorfplatz, Mehrzweckgebäude und Ampelanlage zu. Doch das Gebäude steht in der Kritik. Nun soll die Neugestaltung des Ortsteils per Bürgerentscheid gestoppt werden. Die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern des 1,7 Millionen Euro teuren Projektes sind verhärtet.
Das Ortszentrum in Achenmühle wird bislang als Pendlerparkplatz genutzt. Das soll sich nach zwei Jahrzehnten der Diskussionen um die Neugestaltung nun ändern: Der Dorfplatz soll laut Bürgermeister Christian Praxl (CSU) zur „beliebten und attraktiven Begegnungsstätte“ werden, ein Mehrzweckgebäude mit Café und Schützenheim als zentrales Gestaltungselement den Platz in Wert setzen und eine Ampelanlage den Verkehr auf der viel befahrenen Kreisstraße beruhigen. Die Kosten für die Umsetzung schätzt Architekt und Stadtplaner Werner Schmidt auf 1,2 Millionen Euro zuzüglich 500.000 Euro für Plannebenkosten.
Der zentrale, verkehrsfrei gestaltete Dorfplatz soll eine wassergebundene Decke erhalten, die im Osten durch einen offenen Bachverlauf und im Süden durch eine Stufenkante aus Granit für den Verkehr gesperrt ist. Das südlich geplante zweigeschossige Gebäude, gut 35 Meter lang und zehn Meter breit, wird den Höhenunterschied zwischen der Bucher Straße und dem Dorfplatz überbrücken. Im Untergeschoss können öffentliche, behindertengerechte Toilettenanlagen, Technik- und Lagerräume sowie Räume für ein Eis- oder Tagescafé untergebracht werden. Im Erdgeschoss, das über eine Rampe barrierefrei von der Bucher Straße zugänglich sein wird, ist die Unterbringung des „Schützengesellschaft Achenmühle e. V. (SG)“, der 2007 sein hundertjähriges Bestehen feierte, mit acht Schießständen und den erforderlichen Funktionsräumen vorgesehen.
Der Gebäudebedarf ergibt sich sowohl aus dem erhöhten Platzbedarf der Schützengesellschaft als auch aus dem ständig gestiegenen Raumbedarf der „Zwergerlmühle integratives Haus für Kinder“ und der notwendigen Generalsanierung des alten Kindergartengebäudes. Die dort bislang von der SG genutzten rund 120 Quadratmeter im Keller werden für den weiteren Kindergartenbetrieb dringend benötigt. Die „Zwergerlmühle“, die vom Kreisverband Rosenheim der Arbeiterwohlfahrt getragen wird, braucht aktuell Platz für 144 Kinder und 20 Beschäftigte. Für Elterngespräche, Personal, Versammlungen und Fortbildungen fehlen Räumlichkeiten, die laut Gertraud Kaiser von der Einrichtungsleitung für die Qualitätssicherung unabdingbar seien.
Der „Bürgerblock Rohrdorf e. V. (BR)“ als Gegner des Mehrzweckgebäudes und Initiator des Bürgerbegehrens wendet ein, der zusätzliche Platzbedarf der „Zwergerlmühle“ könnte organisatorisch gelöst werden. Die Gemeinde habe dem Kindergarten erst vor zwei Jahren einen Erweiterungsbau für rund zwei Millionen Euro hinzugefügt. „Kindergarten, Krippe und Hort sind ausreichend groß dimensioniert“, erklärt BR-Gemeinderat Martin Fischbacher. Hauptkritikpunkt des BR ist allerdings, dass es nicht Aufgabe der Gemeinde sei, „mit Steuermitteln eine Eisdiele zu errichten“. Die Ausmaße des vom ihm als „Schützenheim“ betitelten Gebäudes wären „überdimensioniert“, die geplanten Kosten „unverhältnismäßig hoch“. Für die vier Schützenheime in Rohrdorf, Thansau, Lauterbach und Achenmühle „wurden in den zurückliegenden Jahren Millionen an Steuergeldern ausgegeben“. Mit einem „Ja“ zu seinem Anfang Juli gestarteten Bürgerbegehren hofft der Bürgerblock, den Gemeinderatsbeschluss zum „Neubau eines Schützenheimes“ aufzuheben.
Demgegenüber wirbt die Interessengemeinschaft „Pro Neugestaltung Dorfmitte Achenmühle“ ausdrücklich für die Ablehnung des Begehrens und damit für ein „Nein“. Sie unterstützt die Dorfneugestaltung inklusive Gebäude und wirft dem BR vor, „Fakten“ zu verdrehen. So seien bestenfalls 700.000 Euro mit der Schützengesellschaft in Verbindung zu bringen. Fritz Kühnle, erster Schützenmeister der SG Achenmühle, betont, die SG beteilige sich mit bis zu 100.000 Euro am Innenausbau. Kühnle kritisiert, der BR sehe lediglich Feuerwehr und Musikverein als förderungswürdig an und warnt: „Sollte der Bürgerblock mit dem angestrebten Bürgerbegehren durchkommen, so wird die Zukunft auch für die anderen Vereine alles andere als ein Zuckerschlecken.“ Beim Bürgerentscheid am 8. November sind rund 4.600 Rohrdorfer stimmberechtigt, die Kosten trägt die Gemeinde. ✻
Erstveröffentlichung
Print: Rosenheimer blick, Inntaler blick, Mangfalltaler blick, Wasserburger blick, 28. Jg., Nr. 44/2015, Samstag, 31. Oktober 2015, S. 6, Kolumne „Lokales“ [182/5/1/2].
Online: ⤉ blick-punkt.com, Mittwoch, 28. Oktober 2015. Stand: Neujahr, 1. Januar 2025.