Polizei geht gegen „Auto-Poser-Szene“ vor
Jetzt reicht’s!

Rosenheim — Pas­san­ten sind ge­fähr­det, An­woh­ner ge­nervt: Im­mer dreis­ter dre­hen toll­küh­ne Buam mit auf­ge­motz­ten Au­tos und röh­ren­den Mo­to­ren ih­re Run­den durch die Stadt. Lär­mend und ziel­los mit nie­dri­gem Gang, durch­ge­drück­tem Gas­pe­dal und ma­ni­pu­lier­ter Ab­gas­an­la­ge um­her zu fah­ren stellt ei­ne Ord­nungs­wi­drig­keit dar, die mit ei­nem Ver­warn­geld ge­ahn­det wird. Ver­kehrs­teil­neh­mer, An­woh­ner und Herbst­fest-Be­su­cher kön­nen aber ge­wiss sein: Die Po­li­zei er­höht nicht nur den „Kon­troll­druck“ ge­gen­über der „Auto-Poser-Szene“ – MPU-Gut­ach­ten und Fahr­er­laub­nis­ent­zug wer­den ins Au­ge ge­fasst.

„Die­se ig­no­ran­ten Au­to- und Mo­tor­rad-Po­ser sind so un­ver­schämt laut, dass ich nicht mehr schla­fen kann“, schil­dert Dominik G.* sein Leid. Er ist An­woh­ner in der Kuf­stei­ner Straße. An der Aral-Tank­stel­le auf Hö­he des Drive-In von McDonald’s sei die Lärm­be­läs­ti­gung in­zwi­schen „so ex­trem, dass ich nicht mehr wei­ter weiß“, sagt er ent­nervt: „Das stän­di­ge Gas­ge­ben in der Bahn­un­ter­füh­rung macht mich krank.“ Des­we­gen hat er sich an die Po­li­zei ge­wandt und die­ser er­klärt, dass die Po­ser „ex­tra“ und „rund um die Uhr“ vor der Un­ter­füh­rung an­hiel­ten, um dann mit Voll­gas durch die zehn Me­ter kur­ze Un­ter­füh­rung zu bret­tern. Do­mi­nik G. füg­te hin­zu, mitt­ler­wei­le je­des Po­ser-Lied zu ken­nen, denn die Ver­kehrs­rü­pel mein­ten wohl, es wä­re me­ga cool, oben­drein die Musik bis zum An­schlag auf­zu­dre­hen.

Das stän­di­ge Gas­ge­ben in der Bahn­un­ter­füh­rung macht mich krank.
Dominik G., An­woh­ner, Ro­sen­heim

Die Stadt Ro­sen­heim und die Po­li­zei neh­men die Pro­ble­me und Be­schwer­den im Zu­sam­men­hang mit der „Auto-Poser-Szene“ sehr ernst, er­fuhr Dominik G. So ha­be die Po­li­zei „an be­son­ders be­las­te­ten Stel­len und be­kann­ten Brenn­punk­ten“ wie der Mün­che­ner Stra­ße den „Kon­troll­druck“ er­höht. Un­ter­stüt­zend wur­den dort von der Ver­kehrs­be­hör­de der Stadt Ro­sen­heim ab­so­lu­te Hal­te­ver­bo­te er­las­sen. In der Kuf­stei­ner Stra­ße sol­le nun eben­falls ver­stärkt kon­trol­liert wer­den. Die be­trof­fe­nen An­woh­ner könn­ten in­des­sen die Ver­stö­ße bei der Po­li­zei zur An­zei­ge brin­gen. Bei wie­der­hol­ten Ver­stö­ßen wür­den die Fahr­er­laub­nis­be­hör­den in­for­miert, die dann wei­te­re Maß­nah­men prüf­ten, etwa MPU-Gut­ach­ten und Fahr­er­laub­nis­en­tzug.

„Runder Tisch“ gegen „Auto-Poser“

Tat­säch­lich tra­fen sich be­reits Mit­te Ju­li auf Ini­tia­ti­ve des Po­li­zei­prä­si­diums Ober­bayern Süd al­le zu­stän­di­gen Be­hör­den, um über ein mit­ein­an­der ab­ge­stimm­tes, kon­zer­tier­tes und ziel­ge­rich­te­tes Maß­nah­men­pa­ket zur Be­kämp­fung der „Auto-Poser-Szene“ in Stadt und Land­kreis Ro­sen­heim zu be­ra­ten. Die­ser „Run­de Tisch“ aus Po­li­zei­prä­si­dium, den Po­li­zei­in­spek­tio­nen Ro­sen­heim, Bad Aib­ling, Was­ser­burg, der Ver­kehrs­po­li­zei Ro­sen­heim so­wie den Füh­rer­schein­stel­len, Ord­nungs­äm­tern und un­te­ren Ver­kehrs­be­hör­den der kreis­freien Stadt und des Land­krei­ses Ro­sen­heim ver­ein­bar­te ein re­pres­si­ves und per­so­nen­orien­tier­tes Vor­ge­hen. Im Vi­sier: rund 20 Mehr­fach­tä­ter, die über­wie­gend im Land­kreis Ro­sen­heim woh­nen und re­gel­mäßig im Bal­lungs­raum Ro­sen­heim/Kol­ber­moor/Bad Aib­ling so­wie in Was­ser­burg in Er­schei­nung tre­ten. Al­le ⭲ recht­li­chen Mit­tel sol­len be­hör­den­über­grei­fend aus­ge­schöpft wer­den, um die wie­der­holt auf­fäl­li­gen Per­so­nen mög­lichst dauer­haft aus dem Ver­kehr zu zie­hen.

„Wir wol­len und wer­den es nicht zu­las­sen, dass ei­ne un­be­lehr­ba­re Min­der­heit von Au­to­fah­rern die Ver­kehrs­si­cher­heit auf un­se­ren Stra­ßen im­mer wie­der ge­fähr­det und die Be­völ­ke­rung, vor al­lem in den In­nen­städ­ten, stän­dig be­läs­tigt“, un­ter­strich Po­li­zei­prä­si­dent Robert Kopp. Seit­dem ko­or­di­niert die Er­mitt­lungs­grup­pe (EG) „Auto-Poser-Szene Ro­sen­heim“ die Maß­nah­men in die­sem Be­reich. Sie ist bei der Po­li­zei­in­spek­tion Ro­sen­heim an­ge­sie­delt, wird von den um­lie­gen­den Dienst­stel­len un­ter­stützt und tauscht sich mit der Staats­an­walt­schaft so­wie den Füh­rer­schein­stel­len aus. Ver­kehrs­teil­neh­mer und An­woh­ner sol­len „ver­däch­ti­ge Wahr­neh­mun­gen“ wie il­le­ga­le Stra­ßen­ren­nen, Be­schleu­ni­gungs­ma­nö­ver und Lärm­be­läs­ti­gun­gen um­ge­hend der Po­li­zei mel­den, nach Mög­lich­keit mit Orts-/Rich­tungs­an­ga­be und Kfz-Kenn­zei­chen.

„Tuning-Szene“ nicht im Visier

Die Po­li­zei be­tont zu­gleich, es ge­he nicht darum, An­ge­hö­ri­ge der „Tuning-Szene“ pau­schal in ein schlech­tes Licht zu rü­cken. Im Fo­kus seien le­dig­lich die „Auto-Poser“, die oh­ne Un­rechts­be­wusst­sein öf­fent­li­che Stra­ßen und In­nen­städ­te als ih­re pri­va­ten Renn­stre­cken miss­brauch­ten. 

* An­woh­ner­na­me ge­än­dert.


Erstveröffentlichung

Print: Ro­sen­hei­mer blick, Inn­ta­ler blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 30. Jg., Nr. 34/2017, Sams­tag, 26. Au­gust 2017, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ [137/3/–/6; ein Car­toon].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Mitt­woch, 23. Au­gust 2017; ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, Sams­tag, 26. Au­gust 2017. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2020.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker