Schrittweise Unterrichtsaufnahme in der Corona-Krise
Arndt: „Absolut schülerfreundlich“

Berlin / München — Die Ab­schluss­jahr­gän­ge der wei­ter­füh­ren­den und be­ruf­li­chen Schu­len sind in ih­re Klas­sen­räu­me zu­rück­ge­kehrt. Bis zum Be­ginn der Som­mer­fe­rien sol­len al­le übri­gen Schü­ler ih­re Schul­ge­bäu­de zu­min­dest ta­ge- oder wo­chen­wei­se wie­der be­su­chen kön­nen. Vor den Fe­rien wird es aber laut Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (KMK) kei­nen re­gu­lä­ren Schul­be­trieb mehr ge­ben, da dies beim jet­zi­gen Stand der Corona-Krise nicht mög­lich sei. Ne­ben strik­ten Ab­stands­re­geln und Hy­gie­ne­vor­ga­ben zur Ver­mei­dung ei­ner In­fek­tion mit dem Coronavirus wer­de das Tra­gen von Mund-Nase-Masken frei­wil­lig sein. In­des­sen soll der Mix aus Prä­senz­un­ter­richt und „Ler­nen zu­hau­se“ aus­ge­baut so­wie di­gi­ta­les Leh­ren und Ler­nen wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den. Bayerns Kul­tus­mi­nis­ter Michael Piazolo sieht die lau­fen­den Prü­fungs­vor­be­rei­tun­gen als „Chan­ce, sich ziel­ge­rich­tet und in Klein­grup­pen auf das Abi­tur vor­zu­be­rei­ten“. Beim „Ler­nen zu­hau­se“ er­hiel­ten Schü­ler, die nicht selbst über ein ge­eig­ne­tes di­gi­ta­les End­ge­rät ver­füg­ten, „un­bü­ro­kra­ti­sche und schnel­le Un­ter­stüt­zung“.

Wegweiser

Präsenzunterricht – Homeschooling – Notfallbetreuung

Nach den ⭲ Corona-be­ding­ten sechs­wö­chi­gen Schul­schlie­ßun­gen sol­len al­le Kin­der und Ju­gend­li­che bis Pfings­ten wie­der ⭲ in ein­ge­schränk­tem Um­fang Un­ter­richt vor Ort er­hal­ten. Den Ab­schluss­klas­sen, die seit die­ser Wo­che in ih­ren Klas­sen­zim­mern ler­nen, sol­len über­nächs­ten Mon­tag, 11. Mai, die Ab­schluss­klas­sen des kom­men­den Jah­res fol­gen. Auch die Viert­kläss­ler sol­len dann in ih­re Schu­len zu­rück­keh­ren. „Es wird auch bis zum Som­mer kei­ne Nor­ma­li­tät an den Schu­len ge­ben, wie wir sie ken­nen“, er­läu­tert der Baye­ri­sche Staats­mi­nis­ter für Un­ter­richt und Kul­tus im Ka­bi­nett Söder II, Prof. Dr. Michael Piazolo (Freie Wäh­ler). Statt­des­sen wer­de es ei­nen „auf­ein­an­der ab­ge­stimm­ten“ Drei­klang aus Prä­senz­un­ter­richt in den Schu­len, „Ler­nen zu­hau­se“ und Not­fall­be­treuung ge­ben. Die Schü­ler müss­ten zu­dem ge­staf­felt an die Schu­len zu­rück­keh­ren und dort zeit­ver­setzt ler­nen. „Wir wer­den auch nicht den gan­zen Lehr- und Lern­stoff ver­mit­teln kön­nen“, er­gänzt Piazolo. Statt­des­sen er­fol­ge ei­ne Kon­zen­tra­tion auf Prü­fungs- und Kern­fä­cher.

Regelungen im Überblick

Regelung für Abi­tu­rien­ten. Die Abi­tu­rien­ten le­gen ihr Abi­tur vom 20. Mai an ab. Um wäh­rend der Corona-Krise ei­ne fai­re Aus­gangs­la­ge zu er­mög­li­chen, wer­den in Ab­stim­mung mit der ge­sam­ten Schul­fa­mi­lie kei­ne wei­te­ren Klau­su­ren ge­schrie­ben. Die No­ten für das zwei­te Kurs­halb­jahr der 12. Klas­se wer­den ent­we­der aus be­reits in die­sem Halb­jahr er­brach­ten Leis­tun­gen oder aus ei­ner Hoch­rech­nung der No­te aus den Er­geb­nis­sen der übri­gen Halb­jah­re aus der 11. und 12. Klas­se er­fol­gen. Da­bei gilt ei­ne „Gün­sti­ger­re­ge­lung“, wo­nach die aus Schü­ler­sicht je­weils gün­sti­ge­re Be­rech­nungs­varian­te heran­ge­zo­gen wird. Nach den Wor­ten von Piazolo fu­ße die­se Re­ge­lung auf den Be­dürf­nis­sen der ge­sam­ten Schul­fa­mi­lie, wel­che sich in Ge­sprä­chen mit Ver­tre­tern der Schü­ler­in­nen und Schü­ler so­wie der El­tern, Lehr­kräf­te und Schul­lei­tun­gen kon­kre­ti­siert ha­be. So qua­li­fi­ziert Walter Baier, Lan­des­vor­sit­zen­der der Di­rek­to­rin­nen und Di­rek­to­ren der Baye­ri­schen Gym­na­sien, die Re­ge­lung mit fes­ten Prü­fungs­ter­mi­nen und dem Ver­zicht, noch feh­len­de Leis­tungs­nach­wei­se nach­zu­ho­len, als „ei­ne ver­nünf­ti­ge Pla­nungs­grund­la­ge“ für die Schu­len. Susanne Arndt, Vor­sit­zen­de der Lan­des-El­tern-Ver­ei­ni­gung der Gym­na­sien in Bayern, hält die Lö­sung für „ab­so­lut schü­ler­freund­lich“ und laut Joshua Grasmüller, Lan­des­schü­ler­spre­cher für die baye­ri­schen Gym­na­sien im Lan­des­schü­ler­rat, er­mög­li­che die „Gün­sti­ger­re­ge­lung“ ein fai­res Abi­tur auch in die­sem Jahr.

Die Vor­ga­ben der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz zu Sei­fe und Hy­gie­ne­plan
wer­den von den Städ­ten als Schul­trä­ger selbst­ver­ständ­lich ein­ge­hal­ten wer­den kön­nen.
Helmut Dedy, Haupt­ge­schäfts­füh­rer „Deut­scher Städ­te­tag (DST)“, 29. April 2020

Regelung für Schü­ler. Für das „Ler­nen zu­hau­se“ kön­nen Schü­ler di­gi­ta­le End­ge­rä­te, wel­che die Schu­len mit För­der­mit­teln des Frei­staa­tes oder des Bun­des be­schafft ha­ben, be­fris­tet aus­lei­hen. „Je­de Schu­le, der be­kannt ist, dass ei­ne Schü­lerin oder ein Schü­ler ein di­gi­ta­les End­ge­rät be­nö­tigt, kann um­ge­hend auf den Schul­auf­wands­trä­ger zu­ge­hen“, er­läu­tert Piazolo. Dies sei „ei­ne prag­ma­ti­sche und ein­fa­che Re­ge­lung, die da­für sorgt, dass Kin­der und Ju­gend­li­che auch beim ‚Ler­nen zu­hau­se’ mög­lichst fai­re Bil­dungs­chan­cen ha­ben“. Stün­den nicht ge­nü­gend End­ge­rä­te zur Ver­fü­gung, könn­ten die Schul­auf­wands­trä­ger mit den be­wil­lig­ten Mit­teln aus dem „Di­gi­tal­bud­get für das di­gi­ta­le Klas­sen­zim­mer“ so­wie im Rah­men vom ⭲ DigitalPakt Schule „rasch“ wei­te­re End­ge­rä­te be­schaf­fen. För­der­fä­hig nach dem DigitalPakt Schule seien zu­dem mo­bi­le Hot­spots be­zie­hungs­wei­se mo­bi­le Rou­ter. Der „Ver­band Bil­dung und Er­zie­hung e. V. (VBE)“ kri­ti­siert al­ler­dings, für das Homeschooling fehl­ten pä­da­go­gi­sche Kon­zep­te. Di­gi­ta­le End­ge­rä­te könn­ten zwar hel­fen, die Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen Leh­rern und Schü­lern zu Hause zu ver­bes­sern. VBE-Bun­des­vor­sit­zen­der Udo Beckmann mahnt je­doch: „Nur das ma­chen, was pä­da­go­gisch sinn­voll ist, ge­sund­heit­lich ver­ant­wort­bar und or­ga­ni­sa­to­risch um­setz­bar.“

Regelung für Aus­zu­bil­den­de. Der Baye­ri­sche In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer­tag (BIHK) be­grüßt die Wie­der­öff­nung der Be­rufs­schu­len im Frei­staat für Aus­zu­bil­den­de in Ab­schluss­klas­sen als „schritt­wei­se Rück­kehr zur Nor­ma­li­tät“. Die Un­ter­richts­auf­nah­me be­trifft bayern­weit rund 60.000 Aus­zu­bil­den­de aus Be­trie­ben in In­dus­trie, Han­del und Dienst­leis­tun­gen, de­ren Ab­schluss­prü­fun­gen an­ste­hen. Die IHK-Ab­schluss­prü­fun­gen fin­den tur­nus­mä­ßig zwei­mal im Jahr statt. Die Früh­jahrs­ter­mi­ne für die schrift­li­chen und prak­ti­schen Ab­schluss­prü­fun­gen sind we­gen der Corona-Krise von April und Mai auf Mit­te Ju­ni ver­scho­ben wor­den. Die Win­ter­prü­fung soll un­ver­än­dert ab En­de No­vem­ber statt­fin­den. „Die Be­rufs­bil­dung ist ein Grund­pfei­ler der Nach­wuchs­si­che­rung der Wirt­schaft und es ist wich­tig, dass hier wie­der ei­ne kla­re Per­spek­ti­ve be­steht“, be­tont BIHK-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Manfred Gößl. Die baye­ri­schen IHK be­grü­ßen auch die Er­leich­te­run­gen in der be­ruf­li­chen Wei­ter­bil­dung, et­wa für an­ge­hen­de Meis­ter und Fach­wir­te. Auch für ih­re Ab­schluss­jahr­gän­ge ist Prä­senz­un­ter­richt un­ter stren­gen Hy­gie­ne­vor­schrif­ten wie­der mög­lich. Jähr­lich stel­len sich im Frei­staat mehr als 10.000 Prüf­lin­ge den IHK-Fort­bil­dungs­prü­fun­gen. Er­satz­ter­mi­ne für die Corona-be­dingt ver­scho­be­nen IHK-Wei­ter­bil­dungs­prü­fun­gen im Früh­jahr sind von Mit­te Ju­ni bis Au­gust ge­plant.

Die Mutter aller Fragen ist die Kontaktbeschränkung.
Dr. Markus Söder, MdL (CSU), Mi­nis­ter­prä­si­dent des Frei­staa­tes Bayern, 6. Mai 2020

Regelung für Stu­den­ten. Der Vor­le­sungs­be­trieb läuft für die rund 350.000 Stu­die­ren­den an den staat­li­chen Uni­ver­si­tä­ten, Hoch­schu­len für an­ge­wand­te Wis­sen­schaf­ten, Tech­ni­schen Hoch­schu­len so­wie Kunst­hoch­schu­len seit dem 20. April aus­schließ­lich on­line. Le­dig­lich die Ab­nah­me von Prü­fun­gen und be­stimm­te Pra­xis­ver­an­stal­tun­gen sind im Ein­zel­fall seit dem 27. April un­ter stren­gen Hy­gie­ne­maß­nah­men an der Hoch­schu­le selbst mög­lich. Da­mit den Stu­die­ren­den kei­ne Nach­tei­le auf­grund prü­fungs­recht­li­cher Re­gel­ter­mi­ne und Fris­ten so­wie der Re­gel­stu­dien­zeit ent­ste­hen, wer­de laut Baye­ri­sches Staats­mi­nis­te­rium für Wis­sen­schaft und Kunst an ei­ner Re­ge­lung ge­ar­bei­tet, nach der sich Fach­se­mes­ter- und Re­gel­stu­dien­zei­ten-ge­bun­de­ne Ter­mi­ne und Fris­ten au­to­ma­tisch ver­schie­ben oder ver­län­gern. Bayerns Wis­sen­schafts­mi­nis­ter Bernd Sibler (CSU) hat an die ge­sam­te Hoch­schul­fa­mi­lie ap­pel­liert, die Corona-Pandemie wei­ter­hin ernst zu neh­men und sich auf die di­gi­ta­len An­ge­bo­te zu kon­zen­trie­ren.

Regelung für Klein­kin­der. Bun­des­fa­mi­lien­mi­nis­te­rin Dr. Franziska Giffey (SPD) zu­fol­ge er­stre­ben die Fa­mi­lien­mi­nis­ter von Bund und Län­dern den „be­hut­sa­men“ Wie­der­ein­stieg in die Kin­der­ta­ges­be­treuung oh­ne kon­kre­tes Ziel­da­tum. Be­gon­nen wer­den soll mit der Öf­fnung von Spiel­plät­zen und der Er­laub­nis „fa­mi­liä­rer Be­treuungs­for­men“, um Kin­dern so­zia­le Kon­tak­te zu er­mög­li­chen und ih­re El­tern zu ent­las­ten. Bei je­dem Er­wei­te­rungs­schritt soll min­des­tens zwei Wo­chen lang das In­fek­tions­ge­sche­hen be­ob­ach­tet wer­den, ehe der nächs­te Schritt folgt. Mi­nis­ter­prä­si­dent Dr. Markus Söder (CSU) hat in­des an­ge­kün­digt, der Frei­staat wer­de ne­ben den Ge­büh­ren für die ge­schlos­se­nen Krip­pen, Kin­der­ta­ges­stät­ten und Hor­te auch die Kos­ten für Mit­tags­be­treuung und Ta­ges­pfle­ge über­neh­men. El­tern, die we­gen des Be­tre­tungs­ver­bots die ge­buch­te Be­treuung nicht in An­spruch neh­men könn­ten, wür­den auf die­se Wei­se drei Mo­na­te lang fi­nan­ziell ent­las­tet. 


Erstveröffentlichung

Print: Ro­sen­hei­mer blick, Inn­ta­ler blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 33. Jg., Nr. 18/2020, Sams­tag, 2. Mai 2020, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ (Kurz­fas­sung); Inn-Salz­ach blick, 12. Jg., Nr. 18/2020, Sams­tag, 2. Mai 2020, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ (Kurz­fas­sung) [158/3/2/10].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Diens­tag, 28. April 2020; ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, ⭱ E-Paper Inn-Salz­ach blick, Sams­tag, 2. Mai 2020. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker