Radentscheid fordert „fahrradfreundliches Rosenheim“
Initiatoren wollen „überall sicheres und stressfreies Radeln“

Rosenheim — Rosenheims Innenstadt soll für al­le Ver­kehrs­teil­neh­mer „at­trak­ti­ver, nach­hal­ti­ger, si­che­rer und ge­sün­der“ wer­den. Um die­ser For­de­rung Nach­druck zu ver­lei­hen, sam­melt die Ini­tia­ti­ve „Rad­ent­scheid“ seit dem 5. Ok­to­ber Un­ter­schrif­ten für ein Bür­ger­be­geh­ren. Ge­for­dert wer­den un­ter an­de­rem hö­he­re Si­cher­heit auf Rad­we­gen, bes­se­re Qua­li­tät der In­fra­struk­tur, mehr Ab­stell­an­la­gen und ein „Fahr­rad­bei­rat“. Ähn­li­che Ini­tia­ti­ven sind aus Bamberg, Bayreuth, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg be­kannt. In Rosenheim müs­sen rund 2.700 voll­jäh­ri­ge EU-Bürger, die seit min­des­tens zwei Mo­na­ten mit Erst­wohn­sitz in der kreis­freien Stadt le­ben, die Ini­tia­ti­ve un­ter­stüt­zen. Ak­qui­riert sind nach vier Wo­chen über 2.000 Un­ter­schrif­ten. Mo­bi­li­siert wird an 50 Sam­mel­stel­len im ge­sam­ten Stadt­ge­biet so­wie mit­tels Stamm­tisch, In­fo­stän­den und De­mon­stra­tio­nen.

Wegweiser

Rosenheim soll „fahrradfreundlich“ werden

Der „Radentscheid“ verfolgt in Rosenheim sechs Ein­zel­zie­le: ein si­che­res Rad­fah­ren auf al­len Stra­ßen und We­gen, ein lü­cken­lo­ses Rad­ver­kehrs­netz, qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Rad­ver­kehrs­an­la­gen, Ver­bes­se­run­gen an Kreu­zun­gen und Am­pel­an­la­gen, den Aus­bau at­trak­ti­ver Fahr­rad­ab­stell­mög­lich­kei­ten so­wie ei­ne zü­gi­ge und ef­fi­zien­te Pla­nung und Um­set­zung. Kon­kret be­deu­ten die For­de­run­gen, dass auf al­len in­ner­ört­li­chen Stra­ßen und We­gen für je­de Be­völ­ke­rungs­grup­pe si­che­res Rad­fah­ren er­mög­licht wird. Ein lü­cken­lo­ses Rad­ver­kehrs­netz soll al­le Stadt­tei­le mit Ein­rich­tun­gen des öf­fent­li­chen Le­bens wie Bahn­hö­fe, Schu­len, Kul­tur- und Frei­zeit­ein­rich­tun­gen ver­bin­den. Da­zu sol­len an Haupt­ver­kehrs­stra­ßen ent­lang be­bau­ter Be­rei­che op­tisch her­vor­ge­ho­be­ne, ge­schütz­te Rad­ver­kehrs­an­la­gen an­ge­legt wer­den. Die­se sol­len vor­zugs­wei­se als Rad­fahr­strei­fen mit 2,25 Me­tern Brei­te an­ge­legt wer­den und Schutz­strei­fen nur dann zum Ein­satz kom­men, wenn je­ne nicht um­ge­setzt wer­den kön­nen. Da­ne­ben sol­len al­le Kreu­zun­gen und Ein­fahr­ten so be­schaf­fen sein, dass Rad­fah­ren­de gut wahr­ge­nom­men wer­den und si­cher nach links ab­bie­gen kön­nen. Im ge­sam­ten Stadt­ge­biet sol­len 1000 neue Fahr­rad­stell­plät­ze ein­ge­rich­tet wer­den, da­von die Hälf­te über­dacht, und da­für das neue Fahr­rad­haus am Süd­ti­ro­ler Platz entfallen.

This can no longer be news among other news, an "important topic" among other topics, a "political issue" among other political issues or a crisis among other crises.
This is not party politics or opinions. This is an existential emergency.
And we must start treating it as such.
Greta Thunberg, Tweet zur „Kli­ma­kri­se“, 29. De­zem­ber 2019

Neben Infrastrukturmaßnahmen soll Rosenheim seine Fahr­rad­freund­lich­keit auch in der Stadt­ver­wal­tung ab­bil­den. So soll die Stadt ei­nen „Fahr­rad­bei­rat“ ein­be­ru­fen, dem Ver­tre­ter des „All­ge­mei­nen Deut­schen Fahr­rad-Clubs (ADFC)“, des „Ver­kehrs­club Deutsch­land (VCD)“ so­wie der Ini­tia­ti­ve „Rad­ent­scheid“ an­ge­hö­ren. Die­ser Bei­rat müs­se in die Rad­ver­kehrs­pro­jek­te ein­be­zo­gen wer­den. Die Stadt sol­le über­dies die Mit­glied­schaft in der „Ar­beits­ge­mein­schaft fahr­rad­freund­li­che Kom­mu­nen in Bayern e. V. (AGFK Bayern)“ be­an­tra­gen und nach ei­ner ent­spre­chen­den Aus­zeich­nung streben.

Rosenheim soll „lebenswerter“ werden

Das Kampagnenteam begründet seine For­de­run­gen mit der aus sei­ner Sicht zu ge­rin­gen städ­ti­schen För­de­rung des Rad­ver­kehrs. Seit dem Ver­kehrs­ent­wick­lungs­plan (VEP) 2016 sei die Dis­kus­sion ins Sto­cken ge­ra­ten, Be­schlüs­se hät­ten den mo­to­ri­sier­ten In­di­vi­dual­ver­kehr be­vor­zugt. Da­bei mach­ten Au­tos die Städ­te „un­wirt­lich“. Dem­ge­gen­über ent­stün­de durch die Um­set­zung des For­de­rungs­ka­ta­logs mehr Si­cher­heit für ein „stress­freies und be­que­mes Rad­fah­ren“ – Ro­sen­heim wer­de „le­bens­wer­ter“. Denn das Fahr­rad sei ein flä­chen­ef­fi­zien­tes Ver­kehrs­mit­tel, wel­ches die Auf­ent­halts­qua­li­tät in der Stadt stei­ge­re. Mit Blick auf den Kli­ma­wan­del und die ⭲ „Fri­days for Fu­ture“-Be­we­gung plä­diert das Kam­pag­nen­team für ei­ne „Ver­kehrs­wen­de“, ap­pel­liert: „Ret­ten wir nicht nur die Bie­nen, son­dern auch die Rad­fah­ren­den und al­le, die zu Fuß in der Stadt un­ter­wegs sind!“ Ab­ge­se­hen von den auf der Web­site www.radentscheid-rosenheim.de do­ku­men­tier­ten For­de­run­gen be­tont die Ini­tia­ti­ve auf ih­rer Face­book-Sei­te, sie tre­te zu­gleich für ei­nen „bes­se­ren und be­zahl­ba­ren ÖPNV“ ein.

Der Umstieg in ein klimabewusstes Leben ist zu meistern,
wir haben in der Ge­schich­te viel grö­ße­re Heraus­for­de­run­gen be­wäl­tigt.
Falsch wä­re aber, das Kli­ma­pa­ket der Bun­des­re­gie­rung
den Men­schen als so­zia­le Wohl­tat zu ver­kau­fen.
Es gibt Klimaschutz nicht zum Nulltarif.
Dr. Wolfgang Schäuble, MdB (CDU), Präsident des Deutschen Bundestages,
26. Dezember 2019 (dpa/466D2F)

Mit dem Bürgerbegehren soll die Rad­in­fra­struk­tur nun zeit­nah ver­bes­sert und der Dia­log mit den Ent­schei­dungs­trä­gern in­ten­si­viert wer­den. „Die Re­so­nanz ist rie­sig“, sagt Armin Stiegler, ei­ner der Köp­fe hin­ter dem „Rad­ent­scheid“. Un­ter­stüt­zen die­sen sechs Pro­zent der Stimm­be­rech­tig­ten, muss der Stadt­rat in­ner­halb von ei­nem Mo­nat nach der Ein­rei­chung über die Zu­läs­sig­keit des Bür­ger­be­geh­rens be­fin­den. Wird die Zu­läs­sig­keit fest­ge­stellt, kann der Stadt­rat ent­we­der das Bür­ger­be­geh­ren an­neh­men oder ab­leh­nen. Bei ei­ner Ab­leh­nung kommt es in Rosenheim zu ei­nem Bür­ger­ent­scheid. Die­sen müs­sen dann 15 Pro­zent der Stimm­be­rech­tig­ten, mit­hin 6.750 Ro­sen­hei­mer, un­ter­stüt­zen, da­mit er Wir­kung entfaltet.

Globaler „Klimastreiktag“

Der nächste Stammtisch der Initiative ist am 21. No­vem­ber in der Vet­tern­wirt­schaft, der nächs­te Info­stand mit Demo­zug am glo­ba­len „Klimastreiktag“ 29. No­vem­ber, für den auch die Ak­ti­vis­ten der „Fridays for Future“-Bewegung deutsch­land­weit „krea­ti­ve Pro­tes­te“ ge­gen die Kli­ma­schutz­plä­ne der Bun­des­re­gie­rung vor­be­rei­ten. De­ren For­de­run­gen sind laut Face­book-Ein­trag mit je­nen des Kam­pag­nen­teams „fast de­ckungs­gleich“. Mehr In­for­ma­tion ist online ab­ruf­bar un­ter www.radentscheid-rosenheim.de und auf Face­book via /radelnRo. 


Erstveröffentlichung

Print: Ro­sen­hei­mer blick, Inn­ta­ler blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 33. Jg., Nr. 46/2019, Sams­tag, 16. No­vem­ber 2019, S. 6, Ko­lum­ne „Lo­ka­les“ [203/3/–/–].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Diens­tag, 5. No­vem­ber 2019; ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, Sams­tag, 16. No­vem­ber 2019. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker