54. SAGA-Schützenfest in Adelaide
Intermezzo im Klubhaus

Adelaide — Von Hahndorf über den Bonython Park zum Rymill Park und nun „heim“ ins Klubhaus in 223 Flinders Street: Das in Aus­tra­lien als „grö­ßtes Volks­fest der süd­li­chen He­mi­sphä­re“ be­kann­te Ade­lai­der Schüt­zen­fest ist seit dem ers­ten „Kö­nigs­schie­ßen“ 1889 auf dem Schieß­platz in der Nä­he von Wal­ker­vil­le schon an ver­schie­de­nen Or­ten im Freien aus­ge­tra­gen wor­den. In die­sem Jahr hat die „South Australian German Association Inc. (SAGA)“ das Spek­ta­kel we­gen der um­fang­rei­chen Ver­kehrs­in­fra­struk­tur­maß­nah­men der Stadt kur­zer­hand um­or­ga­ni­siert und in das ei­ge­ne drei­stö­cki­ge Klub­haus ver­legt. Wenn auch vom Ort her un­ge­wohnt, so fügt sich das In­ter­mez­zo ins lang­fris­ti­ge Kon­zept des Managements.

„Die Atmosphäre ist toll, die Bands sind pri­ma, die Leu­te aus­ge­las­sen“, freut sich SAGA-Prä­si­den­tin Regine Gaskin wäh­rend die­ses au­ßer­ge­wöhn­li­chen Schüt­zen­fes­tes 2017 im reich de­ko­rier­ten und kli­ma­ti­sier­ten Klub­haus. Rund um das tra­di­tio­nel­le Luft­ge­wehr­schie­ßen im „Friedrich Jahn Gym­na­sium“ un­ter dem Dach hat die SAGA ein um­fang­rei­ches In­door-Pro­gramm für vol­le drei Ta­ge im kom­bi­nier­ten „Matthew Flinders Hall“ und „Carl Linger Hall“ geschnürt.

Unterhalten werden die Besucher mit diversen Live­auf­trit­ten vom „Bund der Bayern“ und dem „Deut­schen Volks­tanz­kreis“, mit Live­musik der „Ade­laide Ger­man Band“, Accordion Group „Eli­te“, „Hahn­dorf Town Band“ und der Band „Capri­corn“ so­wie den Co­ver­bands „Clear­way“, „New Ro­man­tics“ und „Rush­more“. Der „Ger­man Hub“ zum Ein­fluss der Deut­schen in Aus­tra­lien ist im „Hans Hey­sen Room“ un­ter­ge­bracht. Dort in­for­miert Robert Lamb von der „Ger­man Herit­age and Hi­story Group“ der SAGA sach­kun­dig un­ter an­de­rem über den Fort­schritt beim Wech­sel von Orts­schil­dern süd­aus­tra­li­scher Sied­lun­gen mit deut­schen Grün­dungs­na­men (die WOCHE be­rich­te­te). Ku­li­na­risch sorgt al­lein die Klub­kü­che für deut­sche Kost – und an den bei­den Klub­bars wird aus­schließ­lich Bier deut­scher Braue­reien gezapft.

Inhaltlich wird das Vorjahres-Konzept „mehr kul­tu­rel­le Un­ter­hal­tung, we­ni­ger Bier­see­lig­keit“ fort­ge­führt, durch das der da­ma­li­ge SAGA-Prä­si­dent Michael Hemmes den Ak­zent des Schüt­zen­fes­tes be­wußt fa­mi­lien­freund­lich wei­ter­ent­wi­ckelt sah – mit brei­tem kul­tu­rel­len Un­ter­hal­tungs­pro­gramm tags­über und „Party­at­mo­sphä­re“ abends (die WOCHE be­rich­te­te). Das weiß auch die Po­li­tik zu schät­zen, wes­halb die Mi­nis­te­rin für Mul­ti­kul­tu­rel­le An­ge­le­gen­hei­ten, Zoe Bettison MP von der Australian Labour Party (SA), vor Ort be­tont, die süd­aus­tra­li­sche Re­gie­rung un­ter­stüz­te das Schüt­zen­fest als ei­nes der zen­tra­len Fes­te im Bun­des­staat aus­drück­lich. Se­na­tor Zed Seselja, As­sis­tant Mi­nis­ter for So­cial Ser­vi­ces and Multi­cul­tural Affairs, er­in­nert zu­dem in ei­nem Gruß­wort für das Fest „da­heim“ da­ran, dass mehr als ei­ne Mil­lion Aus­tra­lier deut­sche Wur­zeln hät­ten und das mo­der­ne Aus­tra­lien „enorm“ von ih­rem Bei­trag profitierte.

Unterschiede draußen und drinnen

In den letzten Jahren verzeichnete die SAGA bei ih­rem üb­li­cher­wei­se zwei­tä­gi­gen Ja­nu­ar-Spek­ta­kel ei­nen Be­su­cher­re­kord nach dem an­de­ren: 2008 re­gis­trier­te das Ma­na­ge­ment mit rund 29.000 Be­su­chern bei tro­cke­nem Kai­ser­wet­ter im Bo­nython Park den bis­he­ri­gen Spit­zen­wert. 2016 führ­ten außer­ge­wöhn­li­che Wet­ter­ka­prio­len mit hef­ti­gen Wol­ken­brü­chen und über­durch­schnitt­lich viel Re­gen zum Rück­gang auf 7.000 Be­su­cher im mat­schi­gen Ry­mill Park.

Einiges ist im Vergleich zu den Mas­sen­ver­an­stal­tun­gen bei sonst son­ni­gen +30 °C im Freien auf­fal­lend an­ders im Klub­haus – bei­spiels­wei­se: kei­ne Ab­sperr­zäu­ne, kei­ne Frei­licht­büh­ne, kei­ne Groß­zel­te, kei­ne Tram­pel­pfa­de, kei­ne mo­bi­len Toi­let­ten­ka­bi­nen, kei­ne „Wild­bies­ler“ oder viel Se­cu­rity. Ins­ge­samt ver­zeich­net die SAGA am Ende auch „nur“ rund 1500 zah­len­de Be­su­cher. Das kann auf die Kurz­fris­tig­keit zu­rück­zu­füh­ren sein, eher aber an den an­de­ren zeit­gleich in Ade­laide statt­fin­den­den Me­dien- und Mas­sen­spek­ta­keln lie­gen, etwa dem auf­se­hen­er­re­gen­den Rad­ren­nen „San­tos Tour Down Un­der“. Denn die Mil­lio­nen­stadt hat in der letz­ten De­ka­de ih­ren Ruf als Kul­tur­me­tro­po­le kon­ti­nu­ier­lich ge­stärkt, bie­tet in kür­ze­ren Ab­stän­den im­mer mehr hoch­ka­rä­ti­ge Ver­an­stal­tun­gen an.

Werden nun Aufwendungen und Er­trä­ge ein­an­der ge­gen­über ge­stellt, mache die SAGA aus der Si­tua­tion das Bes­te, schätzt Gas­kin, denn die Kos­ten ei­ner Groß­ver­an­stal­tung im Klub­haus seien „deut­lich“ ge­rin­ger als je­ne auf freiem Ter­rain. Hin­zu kom­me, dass heuer Schüt­zen­fest-Stamm­gäs­te zum ers­ten Mal über­haupt zum Klub­haus ge­kom­men seien und so die hie­si­ge At­mo­sphä­re ken­nen­ge­lernt hät­ten. Im Übri­gen bli­cke das Ma­na­ge­ment mit Zu­ver­sicht auf den vom 19. Fe­bru­ar bis 19. März im Klub­haus lau­fen­den „Ade­lai­de Fringe“: 249 Auf­füh­run­gen aus den Be­rei­chen Mu­sik, Comedy, Drama, Ma­gie so­wie tra­di­tio­nel­le und zeit­ge­nös­si­sche in­di­ge­ne Kunst nebst 52 Vier- und Fünf-Ster­ne-Shows, da­run­ter aus­tra­li­sche und welt­wei­te Premieren.

Da betriebswirtschaftlich betrachtet 87 Pro­zent der Ein­nah­men der SAGA von Nicht-Mit­glie­dern stamm­ten, vor al­lem von re­gel­mä­ßi­gen Be­su­chern, Ge­schäfts­leu­ten und Ju­gend­li­chen, seien sol­che Pre­mium-Ver­an­stal­tun­gen auch fi­nan­ziell wich­tig – so­wohl für das Fort­be­ste­hen des Ver­eins als auch für den Un­ter­halt des Ge­bäu­des, er­klärt Gas­kin. So wer­de di­rekt nach dem Fringe wie­der in die Im­mo­bi­lie in­ves­tiert, der Ein­gangs­be­reich be­hin­der­ten­ge­recht um­ge­stal­tet und an der Trep­pe zur Main Bar ei­ne Be­hin­der­ten-He­be­büh­ne in­stal­liert. Den­noch: „Kom­men­des Jahr wol­len wir wie­der aufs Feld“, stellt die Prä­si­den­tin in Aussicht.

Eine Tradition bleibt selbst im Klubhaus erhalten: Das Schüt­zen­fest schließt mit der Preis­über­ga­be an die bes­ten Schüt­zen. In drei Ka­te­go­rien über­rei­chen Trevor Dennert, Lei­ter der „Schüt­zen­grup­pe Fal­ken­au­ge“ der SAGA, und Schüt­zen­fest-Ma­na­ger David Richter an ins­ge­samt neun Sie­ger je­weils Pla­ket­ten, hoch­wer­ti­ge Krü­ge und T-Shirts. Das „Of­fe­ne Schie­ßen“ 2017 ge­wann Kaye Snippers vor dem Zweit­plat­zier­ten Ed Cheong und dem Drit­ten Nathan Birch. Schüt­zen­kö­ni­gin 2017 wurde Lacey Kis ge­folgt von Donna Schutz und L. Kosiol. Und Schüt­zen­kö­nig 2017 wur­de Reece Wilton ge­folgt von Mi­chael Nicholas und Dieter Kosiol.

Mehr Information zu den an­ste­hen­den Ver­an­stal­tun­gen ist on­line ab­ruf­bar un­ter ⭱ thegermanclub.org.au und auf Facebook un­ter /TheGermanClubAdelaide. 


Erstveröffentlichung

Print: Die neue Woche in Aus­tra­lien, 60. Jg., Nr. 5/2017, Diens­tag, 31. Ja­nu­ar 2017, S. 12, Ko­lum­ne „Aus­tra­lien“ [194/5/6/10, drei Fo­tos].
Online: ⤉ woche.com.au, Diens­tag, 31. Ja­nu­ar 2017. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker