Eisenbahn-Bundesamt ordnet Erkundungsbohrung an
Schmid: „Eine reine Machtdemonstration“

Rosenheim — Neubeuern muss auf dem Ge­län­de sei­ner Klär­an­la­ge ei­ne Er­kun­dungs­boh­rung der Deut­schen Bahn dul­den, die die­se im Rah­men der Tras­sen­fin­dung zum Brenner-Nordzulauf durch­füh­ren will. Das Ei­sen­bahn-Bun­des­amt hat den Ferien­ort im ober­baye­ri­schen Inntal süd­lich von Ro­sen­heim an­ge­wie­sen, die Pro­be­boh­rung auf dem Ge­mein­de­grund zur Er­he­bung geo­lo­gi­scher Da­ten zu ak­zep­tie­ren. Neubeuern hat­te sich noch im Au­gust mit Rats­be­schluss da­ge­gen aus­ge­spro­chen. „Ei­ne rei­ne Macht­de­mon­stra­tion“ nennt Martin Schmid, Zwei­ter Bür­ger­meis­ter und Spre­cher des pla­nungs­kri­ti­schen „Bür­ger­fo­rums Inn­tal“, die An­ord­nung. Bis Jah­res­en­de führt die DB im Inn­tal rund 30 Boh­run­gen durch – bis auf Neubeuern al­le im Ein­ver­neh­men mit den Grund­ei­gen­tü­mern, wie das Un­ter­neh­men mitteilt.

Die Deutsche Bahn habe Neubeuern „in die Knie gezwungen“, meint Martin Schmid, er­klär­ter Gegner der Brenner-Zu­lauf­stre­cke und Ver­dop­pe­lung der Bahn­in­fra­struk­tur im Inntal. Ob die Ge­mein­de­rä­te in­ner­halb von vier Wo­chen Ein­spruch ge­gen die Dul­dungs­an­ord­nung ein­le­gen, ist offen. Zu­nächst wird der Be­scheid des Ei­sen­bahn-Bun­des­am­tes ge­prüft. Die­sen hat die Be­hör­de ein­ge­hend ju­ris­tisch be­grün­det. Er­geb­nis: Die An­ord­nung be­deu­tet kei­ne Zu­las­sung des Bau­vor­ha­bens, die Er­kun­dungs­boh­rung kei­nen Aus­bau von Zu­lauf­stre­cken. Das Land­rats­amt Rosenheim ha­be die Be­lan­ge der Ge­mein­de fach­lich aus­gie­big ge­prüft und be­wer­tet. Die be­kann­ten geo­lo­gi­schen Sach­ver­hal­te seien un­zu­rei­chend und könn­ten die Er­geb­nis­se ei­ner Boh­rung nicht ersetzen.

Die Erkundungsbohrungen laufen seit Januar. Das beauftragte Pla­nungs­bü­ro hat­te grenz­über­schrei­tend 30 Punk­te iden­ti­fi­ziert, an de­nen die geo­lo­gi­schen Er­kennt­nis­se für die Pla­nun­gen noch nicht aus­reich­ten. Die Er­kun­dungs­boh­run­gen sol­len das Man­ko be­sei­ti­gen. Die Deut­sche Bahn be­tont, die ver­tief­te Kennt­nis des Bo­den- und Ge­birgs­auf­baus sei für die wei­te­ren Pla­nungs­schrit­te am Bren­ner-Nord­zu­lauf von ent­schei­den­der Be­deu­tung. Die Bohr­punk­te ver­teil­ten sich über den ge­sam­ten Pla­nungs­raum in Deutsch­land und Ös­ter­reich und stell­ten kei­ne Vor­weg­nah­me ei­nes spä­te­ren Tras­sen­ver­laufs dar.

Erkundungsprogramm im Inntal

Bei allen Bohrstellen sei eine Einigung zwischen der DB und den Grundeigentümern – Ge­mein­den und Pri­vat­ei­gen­tü­mer – er­zielt wor­den. Da al­lein Neu­beuern der ge­plan­ten Er­kun­dungs­boh­rung nicht zu­stimm­te, schal­te­te die DB im Früh­som­mer das Ei­sen­bahn-Bun­des­amt zur Klä­rung des Sach­ver­halts ein. Nach dem po­si­ti­ven Be­scheid wer­de nun die Boh­rung vor­be­rei­tet, er­klärt DB-Pro­jekt­lei­ter Manuel Gotthalmseder. Die Bohr­tä­tig­keit dauere er­fah­rungs­ge­mäß rund vier Wo­chen und soll noch die­ses Jahr ab­ge­schlos­sen sein. Soll­te die Wit­te­rung das Vor­ha­ben ver­hin­dern, wird die Dul­dung laut Be­scheid bis zum 30. Ju­ni 2019 aus­ge­wei­tet. Da zu­dem ei­ne Grund­was­ser­mess­stel­le ein­ge­rich­tet wer­den soll, sei die Dauer der Er­kun­dung für fünf Jah­re, mit­hin bis zum 31. De­zem­ber 2023 zu akzeptieren.

Das ⭲ Bahn­pro­jekt Brenner-Nordzulauf ist ein Mammut-Vorhaben. Das Bun­des­mi­nis­te­rium für Ver­kehr und di­gi­ta­le In­fra­struk­tur hat die DB Netz AG mit den Vor­pla­nun­gen für ei­ne zwei­glei­si­ge Neu­bau­stre­cke be­auf­tragt, bei der ak­tu­ell ei­ne mög­lichst raum­ver­träg­li­che Tras­sen­füh­rung ge­sucht wird. Die Stre­cke soll ge­mäß in­ter­na­tio­na­ler Vor­ga­ben von bis zu 400 Zü­gen in bei­den Rich­tun­gen be­fah­ren wer­den kön­nen. Der Brenner-Nordzulauf ist Teil des Skan­di­na­vien-Mit­tel­meer-Kor­ri­dors, des­sen Herz­stück im al­pen­que­ren­den Ab­schnitt der Bren­ner­ba­sis­tun­nel zwi­schen Inns­bruck und Fran­zens­fes­te ist. 


Erstveröffentlichung

Print: Inn­ta­ler blick, 32. Jg., Nr. 43/2018, Sams­tag, 27. Ok­to­ber 2018, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ [123/3/1/8]; Ro­sen­hei­mer blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 32. Jg., Nr. 43/2018, Sams­tag, 27. Ok­to­ber 2018, S. 6, Ko­lum­ne „Re­gio­na­les“ [123/3/–/–].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Mitt­woch, 24. Ok­to­ber 2018; ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, Sams­tag, 27. Ok­to­ber 2018. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker