Ampfinger Streetartist erhält Kultur- und Kreativpreis 2023
Huber: „I gfrei mi voi“

Mühldorf a.Inn / Ampfing — „Graffiti auf sehr hohem Niveau“, nennt „moere186“ seine teils foto­rea­lis­ti­schen Kunst­werke. Hinter dem Pseudonym steht der Ampfinger Fassaden- und Innen­raum­ge­stal­ter Rudolf A. Huber: Der Profi ge­stal­tet nach Kun­den­wunsch Fassaden, Ver­kaufs­flä­chen, Trep­pen­häu­ser, Kinder­zimmer und Gegen­stände. Anhand einer Skizze malt „Rudi“ mit Sprüh­dose, Pinsel, Walze, Schwamm, Filz- und Blei­stift, Kohle, Kreide oder einem Mix aus allem und nutzt haupt­säch­lich Acryl, Acryl­lacke und Dis­per­sions­far­be. Seine Werke fin­den sich bei­spiels­wei­se in der Firmen­zen­tra­le der Palitza Hoch- und Tiefbau GmbH in Mühldorf a.Inn, beim Metall­bau Thran Buchbach und an der Süd­seite der Bahn­un­ter­füh­rung an der MÜ 38 im Orts­gebiet von Ampfing. Da­ne­ben be­glei­tet der aus­ge­bil­de­te Chemie- und Mathe­leh­rer Work­shops, bei­spiels­weise im Schul­ferien­pro­gramm der Kreis­stadt. Für heraus­ra­gen­de krea­tive Leis­tun­gen und seine Kinder- und Ju­gend­ar­beit hat Huber vom Land­kreis Mühldorf den Kultur- und Kreativ­preis 2023 er­hal­ten. Ein Porträt des Ausnahmekünstlers.

Wegweiser

Graffiti als Lebensgefühl

Graffiti als visuelle Ausdrucksform der New Yorker Jugend der 1980er-Jahre sind für den 37-jäh­ri­gen Ampfinger Rudolf A. Huber „ein Le­bens­ge­fühl, das den Weg von der Straße in die großen Ga­le­rien ge­fun­den hat“. Wäh­rend manche Street­ar­tists ihre mit Sprüh­far­ben ge­schaf­fe­nen Werke in Bild- oder Schrift­form auf öf­fent­li­chen Flä­chen wie Wände und Züge illegal hin­ter­las­sen, wer­den Graffiti auch als le­gi­ti­me Kunst­form auf­ge­fasst und von ei­ni­gen Kön­nern man­cher­orts in spe­ziel­len urbanen Kunst­pro­jek­ten legal ge­schaf­fen. Als buch­ba­rer Graffiti- und Streetart-Künst­ler hat sich in den letzten bei­den Dekaden „Rudi“, wie ihn seine Freunde nennen, einen wohl­klin­gen­den Namen erarbeitet.

Rückblende. Neugierig geworden 2001 durch ein Kunstprojekt in der Kanzlei seines Vaters, des Ampfinger Rechts­an­walts Heinz-Rudolf Huber, bannt Rudi mit 15 Jah­ren die ers­ten Graffiti mittels ana­lo­ger Kamera auf Film. Er ver­tieft sich in die Lek­tü­re des HipHop-Magazins „Backspinn“ sowie des Buches „Munich Graffiti“ von Heiko Schiemann und Peter Watzl. Darauf­hin ent­wi­ckelt er sei­nen ei­ge­nen Stil, kreiert das Pseudonym „moere186“, bei dem die Buch­sta­ben mit sei­nem Ge­burts­jahr har­mo­nie­ren. Nach dem Abitur knüpft Rudi Kon­tak­te zur Szene in München. Er nimmt an Jam-Sessions teil, reist nach Österreich, Frankreich und in die Schweiz, lernt „ganz nor­ma­le Men­schen“ ken­nen, häufig mit Hoch­schul­ab­schluss, „keine Gangster“. Mit ge­mein­sa­men Pro­jek­ten wie die Neu­ge­stal­tung der Donnersberger Brücke in München er­langt Rudi „Fame“, Ruhm. Seine Lei­den­schaft be­wegt ihn auch wäh­rend seiner Aus­bil­dung zum Chemie- und Mathe­lehrer. Doch sie lässt sich mit der 40-Stun­den-Ar­beits­woche im Schul­dienst kaum mehr rea­li­sie­ren. Er muss sich ent­schei­den – und kon­zen­triert sich seit 2016 ganz auf die künst­le­ri­sche Karriere.

Legale Graffiti statt illegaler Schmierereien

Erfolge. Seine Auftragsarbeiten sind inzwischen über den Landkreis Mühldorf a.Inn hinaus Legende. Dabei hat er drei Schwer­punk­te heraus­ge­bil­det: ers­tens krea­ti­ve, künst­le­ri­sche und pro­fes­sio­nel­le Fas­sa­den- und In­nen­raum­ge­stal­tung mit Acryl, Acryl­lacke und Dis­per­sions­farbe nach Kun­den­wunsch, zwei­tens in­di­vi­du­el­le Lein­wand­ge­stal­tung für Fir­men und Privat­per­so­nen, drit­tens An­lei­tung von Kindern, Jugend­li­chen und Er­wach­se­nen in Work­shops. Der Profi ist über­zeugt, legale Graffiti sind der beste Schutz gegen illegale Schmierereien.

Rudi dekoriert solcherweise etwa im April 2017 das Gebäude der Frei­wil­li­gen Feuer­wehr Weidenbach mit einem neuen Logo. Er ver­bild­licht in Ko­opera­tion mit der Ge­mein­de Ampfing im Zeit­raum von Au­gust 2017 bis Sep­tem­ber 2018 die „Ge­schich­te des Fahr­rads“ in der Un­ter­füh­rung an der MÜ 38. Zwi­schen­durch ent­steht im Juli 2018 in Zu­sam­men­ar­beit mit dem Eltern­bei­rat der Grund­schule am Goetheplatz in Waldkraiburg ein neuer Blick­fang am Schul­ein­gang. Da­ne­ben gibt Rudi sein Wissen wei­ter in Work­shops des Ferien­pro­gramms in Ampfing, bei der Ge­stal­tung des Schul­ge­bäu­des der Heilig Blut Real­schule in Erding oder bei einem Pro­jekt mit gei­stig be­hin­der­ten jun­gen Menschen aus der Stiftung Ecksberg.

Weg bis zur Preisverleihung „steinig“

Das viel beachtete Kunstprojekt an der Graslitzer Grundschule in Waldkraiburg, bei dem rund 200 Schul­kin­der im April/Mai 2023 die Fahr­rad­hal­le ge­stal­te­ten, dürfte für die Jury des Kultur- und Krea­tiv­prei­ses des Land­rats­am­tes Mühldorf a.Inn das i-Tüp­fel­chen ge­we­sen sein, Rudi zu prä­mie­ren: Für seine heraus­ra­gen­den krea­ti­ven Leis­tun­gen sowie die Kinder- und Jugend­ar­beit hat Huber den mit 5.000 Euro do­tier­ten Kultur- und Kreativ­preis 2023 er­hal­ten, Mitte De­zem­ber über­reicht aus den Hän­den von Land­rat Maximilian Heimerl.

„I gfrei mi voi“, sagt Huber, denn sein bisheriger Weg war durch­aus „stei­nig“. Viel Wissen braucht ein Profi wie er, etwa über Ka­li­gra­fie, Grafik- und Kom­mu­ni­ka­tions­de­sign sowie die Ar­beits­wei­se der Maler und Lackie­rer. Dass ihn Schüler oft fragen, wie man die Fer­tig­kei­ten er­lernt, hat ihn ein neues Pro­jekt ins Auge fas­sen las­sen: ein Magazin über pro­fes­sio­nel­le Graffiti. Hier­für ist Groß­vater Rudolf Huber Vor­bild: Der frü­he­re Ge­schäfts­füh­rer der Ge­mein­de­ver­wal­tung in Ampfing hat vier Ge­schichts­bän­de ver­fasst. Zu­vor will Rudi aber noch an der Tech­ni­schen Hoch­schule Rosenheim den Bachelor­studien­gang Soziale Arbeit ab­schlie­ßen, um dann als staat­lich an­er­kann­ter Sozial­pä­da­go­ge die Jugend­ar­beit zu vertiefen.

Rudolf A. Huber ist fernmündlich erreichbar unter Ruf­num­mer 01 77/2 92 77 07 und per E-Mail an rudolf.huber3 [AT-Zeichen] gmx [Punkt] de. Mehr In­for­ma­tion über sein Schaf­fen ist online ab­ruf­bar unter www.moerengraffiti.de und über das Instagram-Profil @moereeins8sechs. 


Erstveröffentlichung

Print: Inn-Salz­ach blick, 15. Jg., Nr. 51/2023, Sams­tag, 23. De­zem­ber 2023, S. 2f., Ko­lum­ne „Lo­ka­les“ [223/8/4/6].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Diens­tag, 12. De­zem­ber 2023; ⭱ E-Paper Inn-Salz­ach blick, Sams­tag, 23. De­zem­ber 2023. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2024.
Publikationsverzeichnis: ⭲ Index 2023.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker

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