Novellierung des Gesundheitsschutzgesetzes
Rauchverbot wieder Wahlkampfthema?

München — Bayerns Wirts­häu­ser sind seit ei­nem Jahr­zehnt rauch­frei: 2007 brach­te der Bun­des­tag das Bun­des­nicht­rau­cher­schutz­ge­setz (BNichtrSchG) auf den Weg, da­nach der Baye­ri­sche Land­tag das „Ge­setz zum Schutz der Ge­sund­heit (GSG)“ mit Deutsch­lands strengs­tem Rauch­ver­bot. Un­ter­sagt wur­de, an öf­fent­li­chen Or­ten wie Gast­stät­ten, Bier- und Wein­zel­ten zu rau­chen. Wiesn­wir­te und Rau­cher lie­fen Sturm, der „Ver­ein zum Er­halt der baye­ri­schen Wirts­haus­kul­tur (VEBWK)“ wi­der­setz­te sich der „Be­vor­mun­dung“. Bei der Land­tags­wahl 2008 ver­lor die CSU mit 43,4 Pro­zent ih­re ab­so­lu­te Mehr­heit, Mi­nis­ter­prä­si­dent Horst Seehofer iden­ti­fi­zier­te das ab­so­lu­te Rauch­ver­bot als ei­ne der Ur­sa­chen und weich­te es auf. 2010 wur­de das strik­te Rauch­ver­bot je­doch im Zu­ge ei­nes von der ÖDP an­ge­streng­ten Volks­ent­schei­des be­kräf­tigt. Im Vor­feld des Land­tags­wahl­kamp­fes 2018 strebt der VEBWK nun mit Blick auf neue­re Um­fra­ge­er­geb­nis­se nach ei­ner No­vel­lie­rung des GSG.

Der Ver­ein zum Er­halt der baye­ri­schen Wirts­haus­kul­tur ver­steht sich als or­ga­ni­sier­te In­ter­es­sen­ver­tre­tung der Gas­tro­no­mie, de­ren Part­nern und Gäs­te ge­gen­über Po­li­tik und Ge­sell­schaft. Zehn Jah­re nach dem ers­ten Rauch­ver­bot in Bayern strebt der VEBWK heuer nach ei­ner No­vel­lie­rung des GSG. Haupt­grund: 13 der 16 Bun­des­län­der kä­men mit ei­ner „li­be­ra­len“ Re­ge­lung aus und in Ös­ter­reich ha­be die Re­gie­rung aus ÖVP und FPÖ ei­nen Kom­pro­miss ge­fun­den, den Rau­cher wie Nicht­rau­cher un­ter­stütz­ten. Dem­ge­gen­über wür­den Nicht­rau­cher­or­ga­ni­sa­tio­nen wei­ter­ge­hen­de For­de­run­gen ge­gen den Ta­bak­rauch auf­stel­len: Rauch­ver­bo­te im Bier­gar­ten, auf öf­fent­li­chen We­gen, im Auto, in Miet­woh­nun­gen und auf Bal­ko­nen. Da­her be­auf­trag­te der VEBWK be­reits im Früh­jahr 2017 das In­sti­tut YouGov mit ei­ner re­prä­sen­ta­ti­ven Um­fra­ge, wie die Bür­ger ak­tuell zum baye­ri­schen Rauch­ver­bot stün­den.

Re­sul­tat: In der YouGov-Um­fra­ge spra­chen sich 71 Pro­zent der Be­frag­ten für ei­ne bun­des­ein­heit­li­che Re­ge­lung des Rauch­ver­bots aus (23 Pro­zent da­ge­gen, sechs Pro­zent un­ent­schie­den). Ei­ne Än­de­rung des GSG be­für­wor­te­ten 46 Pro­zent, 38 Pro­zent lehn­ten die­se ab, 16 Pro­zent wa­ren un­ent­schie­den. Rau­cher-Ne­ben­räu­me, wie es sie auch in öf­fent­li­chen Ge­bäu­den wie dem Baye­ri­schen Land­tag gibt, be­grüß­ten 58 Pro­zent, 33 Pro­zent wa­ren da­ge­gen, zehn Pro­zent mach­ten kei­ne An­ga­ben. Rauch­ver­bo­te in Bier­gär­ten be­jah­ten 34 Pro­zent, 66 Pro­zent ver­nein­ten sie. Rauch­ver­bo­te im ei­ge­nen Auto fan­den 44 Pro­zent gut, 56 Pro­zent nicht gut. Für die Re­ge­lung des Rauch­ver­bots in baye­ri­schen Gast­stät­ten ver­ant­wort­lich sein soll­ten: al­lein die Staats­re­gie­rung (31 Pro­zent), nur die Gas­tro­no­men (17 Pro­zent), Staats­re­gie­rung und Gas­tro­no­men ge­mein­sam (47 Pro­zent) – sechs Pro­zent mach­ten kei­ne An­ga­ben.

Be­fragt wur­den 1.016 Per­so­nen ab 18 Jah­re in Bayern, da­von 37 Pro­zent Rau­cher und 63 Pro­zent Nicht­rau­cher. 34 Pro­zent der Be­frag­ten zwi­schen 18 und 44 Jah­ren ga­ben an zu rau­chen. In der Al­ters­grup­pe ab 45 Jah­ren wa­ren es so­gar 66 Pro­zent. Sig­ni­fi­kant: Wäh­rend 32 Pro­zent der 18- bis 44-Jäh­ri­gen ei­ne Lo­cke­rung des Rauch­ver­bots wünsch­ten, wa­ren es un­ter den über 45-Jäh­ri­gen mehr als dop­pelt so vie­le (68 Pro­zent). Der Be­fra­gungs­zeit­raum lag zwi­schen dem 15. Fe­bruar und dem 21. Fe­bru­ar 2017.

Die Er­geb­nis­se er­mu­tig­ten laut Bodo Meinsen vom VEBWK, die GSG-No­vel­lie­rung mit Blick auf die an­ste­hen­de Land­tags­wahl „an­zu­schie­ben“. Ob „Rau­cher-Ne­ben­raum-Ge­stat­tung“ oder „Rau­cher­lo­kal-Kenn­zeich­nung“ – die Zah­len zeig­ten, dass die äl­te­ren Be­frag­ten sich eine „li­be­ra­le­re Re­ge­lung“ in Bayern vor­stel­len könn­ten. Da der An­teil der Wäh­ler ab 45 Jah­re wahl­ent­schei­dend sein kön­ne, will der VEBWK zu­nächst bi­la­te­ral mit den zur Wahl ste­hen­den Par­teien spre­chen. Ob da­r­aus auch „Wahl­prüf­stei­ne“ ent­stün­den, macht Mein­sen da­von ab­hän­gig, wie sich die Ge­sprä­che mit den Par­teien ent­wi­ckeln. Aus­schließen will er nicht, dass sich das Thema auch in die öf­fent­li­che Dis­kus­sion trans­por­tie­ren ließe. 


Erstveröffentlichung

Print: Ro­sen­hei­mer blick, Inn­ta­ler blick, Mang­fall­ta­ler blick, Was­ser­bur­ger blick, 31. Jg., Nr. 10/2018, Sams­tag, 10. März 2018, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“; Inn-Salz­ach blick, 10. Jg., Nr. 10/2018, Sams­tag, 10. März 2018, S. 1f., Ko­lum­ne „Leit­ar­ti­kel“ [117/3/–/6].
Online: ⭱ blick-punkt.com, Mitt­woch, 28. Fe­bru­ar 2018; ⭱ E-Paper Ro­sen­hei­mer blick, ⭱ E-Paper Inn­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Mang­fall­ta­ler blick, ⭱ E-Paper Was­ser­bur­ger blick, ⭱ E-Paper Inn-Salz­ach blick, Sams­tag, 10. März 2018. Stand: Neu­jahr, 1. Ja­nu­ar 2020.
 

Dr. Olaf Konstantin Krueger M.A.

Digitaljournalist – Digitalpolitiker